Michael Harry K. hatte von 2009 bis zu seiner Festnahme im Juni Hunderte Schüsse auf die Ladung anderer Lastwagen abgegeben. Dabei wurde eine Frau durch einen Querschläger lebensgefährlich verletzt.

Würzburg. In dem Prozess gegen den mutmaßlichen Autobahnschützen Michael Harry K. wurden am Montag die Plädoyers verlesen.

Der Staatsanwalt Boris Raufeisen fordert zwölf Jahre. Er hält dem Fernfahrer vor, mit dem Leben von Autofahrern Roulette gespielt zu haben. Wenn er die einzelnen Straftaten addiert, müsse Raufeisen eine Strafe von mindestens 141 Jahre und sechs Monat Haft fordern.

Die Verteidigung hingegen plädiert auf sechs Jahre und wirft der Justiz vor, ihren Mandanten mit illegalen Methoden gefasst zu haben. Michael K. wurde laut Verteidigung nur mit Hilfe der massenhaften elektronischen Überwachung von Autobahnen durch das Bundeskriminalamt gefasst. Solch eine Überwachungsmethode sei illegal. Allerdings glauben die Verteidiger nicht, dass das Gericht dieser Auffassung folgen wird.

Bei der Urteilsentscheidung steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, ob der Angeklagte in vier Fällen wegen versuchten Mordes schuldig gesprochen wird. Das forderte die Anklage.

Der Mann hatte gestanden, jahrelang von seiner Fahrerkabine aus auf andere Lastwagen geschossen zu haben. Als Motiv gab er unter anderem Frust im Straßenverkehr an. Er beteuerte am letzten Prozesstag vor dem Urteil erneut, dass er nie jemanden umbringen oder verletzen wollte. „Ich möchte sagen, dass ich kein Mörder bin.“

„Der Angeklagte konnte bei keinem seiner Schüsse darauf vertrauen, dass er niemanden trifft“, argumentierte der Staatsanwalt hingegen. Der Fernfahrer sei daher unter anderem wegen mehrfachen versuchten Mordes schuldig zu sprechen.

Die Verteidigung sieht das anders. Sie hält schon die Grundlage für die Festnahme des Mannes für gesetzeswidrig und forderte deshalb Freispruch. Die massenhafte Erfassung von Autokennzeichen, die zur Überführung des Serientäters geführt hatte, sei rechtlich unzulässig gewesen, begründete dies der Verteidiger Franz-Josef Krichel. Diese Daten hätten ohne richterlichen Beschluss gar nicht erst erfasst, geschweige denn ausgewertet werden dürfen. Für den Fall, dass die Strafkammer dieser Einschätzung nicht folgen sollte, plädierte die Verteidigung hilfsweise auf eine Strafe von sechs Jahren.

Dem Angeklagten seien sein frühes Geständnis und seine Kooperation bei der Suche nach den Tatwaffen als strafmildernd anzurechnen, meinten die beiden Rechtsanwälte des Angeklagten und der Staatsanwalt übereinstimmend. Dass er das Versteck offenbart hatte, habe einen Abgleich der gefundenen Projektile mit seinen Waffen überhaupt erst möglich gemacht.

Dennoch seien alle Schüsse auf die Aufbauten und Anhänger von Lastwagen in „hohem Maße von eigensüchtigem Verhalten“ bestimmt gewesen, meinte Staatsanwalt Raufeisen. Anfangs habe er lediglich „zum Frustabbau geschossen“. Mit dem Wechsel auf eine Waffe größeren Kalibers sei jedoch „das Motiv der Lust des Schießens“ dazu gekommen. Zudem seien alle seine Schüsse „nicht sicher beherrschbar“ und somit „unkalkulierbar“ gewesen.

Zu Beginn des Prozesses waren dem Fernfahrer 171 Fälle zur Last gelegt worden, darunter fünf Fälle des versuchten Mordes. Am Ende des Verfahrens blieben davon etwa 110 übrig, die anderen wurden eingestellt – darunter auch ein Fall von versuchtem Mord. Sie konnten dem Schützen nicht eindeutig zugeordnet werden. Das Urteil soll am Donnerstag kommender Woche (30.10.) fallen.