Das bayerische Kunstministerium sieht keine Eile bei der Prüfung der Sammlung auf ihre Bedeutung für das deutsche Kulturgut. Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft die Leiche von Gurlitt freigegeben.

Bern. Das Kunstmuseum Bern würde sich bei der Gurlitt-Sammlung in jedem Fall an die Bestimmungen der Washingtoner Erklärung zur Rückgabe von NS-Raubkunst halten. Dies sagte Direktor Matthias Frehner. Falls man das Erbe antrete, werde jeder Restitutionsanspruch genau geprüft. Der am Dienstag gestorbene Sammler Cornelius Gurlitt hatte überraschend das Schweizer Museum zum Alleinerben seiner Kunstsammlung bestimmt.

Zunächst müsse allerdings der Stiftungsrat des Museums prüfen, ob das Erbe tatsächlich akzeptiert wird, sagte Frehner. Bekanntlich gebe es bei einigen der Bilder den Verdacht, dass es sich um Nazi-Raubkunst handele. „Wir kennen die Sammlung bisher nur bruchstückhaft aus Medienberichten“, sagte Frehner. „Wir müssen sie also erst gründlich prüfen, um zu sehen, wie viele bedeutende Kunstwerke der klassischen Moderne wirklich dabei sind.“

In der Washingtoner Erklärung von 1998 verpflichteten sich die unterzeichnenden Staaten, Nazi-Raubkunst zu identifizieren, die rechtmäßigen Besitzer zu finden und die Werke entweder zurückzugeben oder eine „faire Lösung“ zu finden.

Die Bilder aus Gurlitts Besitz könnten nach Frehners Worten eines Tages auch in Deutschland ausgestellt werden. Nach einer eigenen Schau mit Werken der Gurlitt-Sammlung wäre das Kunstmuseum Bern zur Ausleihe an Museen in Deutschland und anderen Ländern bereit. „Im Testament gibt es keinerlei Auflagen, man könnte die Sammlung also auch im Ausland zeigen.“

„Ich habe bereits eine Anfrage von einem Kollegen in München“, sagte Frehner. Um welche Münchner Kunstinstitution es sich handelt, wollte er nicht sagen.

Keine Eile bei der Prüfung der Sammlung

Das bayerische Kunstministerium sieht keine Eile bei der Prüfung der Sammlung Gurlitt auf ihre Bedeutung für das deutsche Kulturgut. „Es gibt keinen Handlungszwang, weil die Bilder ohnehin auf ein Jahr verwahrt werden sollen“, sagte ein Ministeriumssprecher. Der am Dienstag gestorbene Kunstsammler Cornelius Gurlitt hatte der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern im April vertraglich zugesichert, seine Sammlung von Experten untersuchen zu lassen. 458 unter Raubkunstverdacht stehende Bilder sollen ein Jahr lang in der Obhut der Taskforce Schwabinger Kunstfund bleiben.

Nachdem bekanntwurde, dass Gurlitt seine umstrittene millionenschwere Sammlung dem Kunstmuseum Bern und damit ins Ausland vermacht hat, kündigte das Ministerium an, Bilder aus der Sammlung auf ihre Bedeutung für das deutsche Kulturgut zu prüfen. „Unser Ministerium wird deshalb – wie im Gesetz vorgesehen – die Kunstwerke aus dem Besitz des verstorbenen Cornelius Gurlitt unter dem Gesichtspunkt national wertvollen Kulturguts überprüfen müssen und entsprechende Werke auch in diese Liste aufnehmen“, sagte der Sprecher.

Bei einer Ausfuhr der Sammlung in die Schweiz könnte das Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG) greifen. Das Gesetz besagt, dass Werke, die im „Verzeichnis national wertvolles Kulturgut“ aufgelistet sind, bei Ausfuhr ins Ausland eine amtliche Genehmigung benötigen.

„Die Leiche wird freigegeben“

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft München die Leiche von Cornelius Gurlitt wieder freigegeben. Die Obduktion habe keine Hinweise auf ein Fremdverschulden ergeben. „Die Leiche wird freigegeben“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. „Laut Rechtsmedizin wurde eine eindeutige Todesursache gefunden.“ Welche das ist, wollte er nicht sagen.

Der umstrittene Kunstsammler Gurlitt war am Dienstag im Alter von 81 Jahren nach schwerer Krankheit in seiner Münchner Wohnung gestorben. Im Januar hatte er sich einer Herzoperation unterziehen müssen. Seine millionenschwere Kunstsammlung vermachte er dem Kunstmuseum Bern.

Cornelius Gurlitt, der Sohn von Adolf Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, war am Dienstag im Alter von 81 Jahren gestorben. 2012 waren 1280 Bilder in seiner Wohnung in München-Schwabing gefunden worden. Die Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ geht von 458 Bildern unter NS-Raubkunstverdacht aus, Gurlitt und seine Anwälte sprachen stets von nur rund 40.