Weiter Wirbel um den Prozess gegen Amanda Knox: Wegen seiner öffentlichen Äußerungen nach der Urteilsverkündung steht der Richter in der Kritik. Nun will Italiens Justizministerin die Aussagen überprüfen lassen.

Rom. Das italienische Justizministerium hat eine Untersuchung gegen den Richter im Fall Amanda Knox wegen dessen öffentlicher Äußerungen angekündigt. Justizministerin Annamaria Cancellieri erklärte am Montag, sie habe den Generalinspekteur beauftragt, die Aussagen des Richters, die in zwei Zeitungen veröffentlicht wurden, zu überprüfen.

Der Richter im jüngsten Mordprozess gegen Amanda Knox und ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito hatte mit einem Interview nach dem Urteil in Italien für Empörung gesorgt. „Es tut mir leid, wenn meine Worte an dieser Stelle zu Missverständnissen geführt haben“, sagte Alessandro Nencini am Montag der Nachrichtenagentur Ansa. Die Zeitung „Corriere della Sera“ hatte am Sonnabend ein Gespräch mit dem Richter veröffentlicht, das hohe Wellen geschlagen hatte.

Darin hatte Nencini unter anderem über die Urteilsverkündung und den Prozess gesprochen. „Ich fühle mich befreit, weil der Moment der Entscheidung der schwierigste ist“, sagte er. „Ich habe auch Kinder und Strafen gegen zwei junge Menschen zu verhängen ist emotional sehr hart.“ Sollecitos Entscheidung, nicht auszusagen, habe „den Prozess sicherlich einer Stimme beraubt“. Der Mord an der Britin Meredith Kercher, für den die US-Amerikanerin Knox und Sollecito am Donnerstag verurteilt worden waren, sei „eine Sache unter Kids“ gewesen.

Nencini wird vorgeworfen, Teile der ausstehenden schriftlichen Urteilsbegründung vorweggenommen und Sollecitos Strategie kommentiert zu haben. In einer Stellungnahme von Sollecitos Anwälten hieß es: „Es ist indiskutabel, dass der Richter öffentlich kommentiert hat, was während der Beratungen passiert ist.“

Wegen seiner Äußerungen steht Richter Alessandro Nencini in der Kritik. Mitglieder einer Aufsichtsbehörde für Justizbeamte sagten am Montag, Nencini habe gegen die Vertraulichkeit der Beratungen verstoßen und seine Kommentare zu Sollecitos Verteidigungsstrategie implizierten Parteilichkeit. Eine offizielle Untersuchung könnte nun zu disziplinarischen Konsequenzen führen.

Das Berufungsgericht in Florenz hatte unter Nencinis Vorsitz die Schuldsprüche gegen Knox und Sollecito in dem Mordprozess von 2009 bestätigt. Sie wurden zu Haftstrafen von 28,5 und 25 Jahren verurteilt. Der Zeitung „Corriere della Sera“ sagte Nencini, Sollecitos Entscheidung, nicht auszusagen, habe dem Gericht die Möglichkeit eines Kreuzverhörs genommen.

Er habe wegen des Urteils gelitten, sagte Nencini weiter. Er und die Geschworenen seien aber zu dem Schluss gekommen, dass Knox und Sollecito am Tod der Britin Meredith Kercher schuld seien.