Nach der Tornado-Katastrophe in den USA gibt es viele offene Fragen. Wurde alles getan, um die Menschen zu schützen? Doch Kritiker halten sich auffällig zurück.

Washington. Trauer, Tränen, Gebete – die Überlebenden im Tornado-Gebiet von Moore im US-Staat Oklahoma versuchen mit der Katastrophe fertig zu werden. Mindestens 24 Tote, Hunderte Verletzte, ganze Wohnviertel dem Erdboden gleichgemacht. Doch nur sehr zaghaft werden in den USA kritische Fragen gestellt: Wie hielten es die Behörden mit der Sicherheit? Wurde alles getan, um die Menschen auf ein solches Desaster vorzubereiten?

Die Gretchenfrage stellt die „New York Times“: „Warum gab es keine Schutzräume, in die man hätte eilen können?“ Für Landesfremde kaum vorstellbar: Obwohl die Region in Oklahoma inmitten der „Tornado Alley“, der Tornado-Allee im Mittleren Westen, liegt, durch die immer wieder grausame Stürme hinwegfegen, obwohl es bereits 1999 eine ähnliche Katastrophe gab, existierten in Moore kaum Schutzräume.

Nach Angaben der „New York Times“ gab es nicht einmal eine gesetzliche Anordnung für Hausbesitzer, einen solchen „Safe Room“ zu bauen. Auch die Grundschule von Moore, die wie ein Kartenhaus zusammenstürzte und mehrere Kinder in den Tod riss, hatte keinen solchen Schutzraum – in ihrer Not mussten die Kinder in den Toilettenräumen Zuflucht suchen.

Mehr noch: Die allermeisten Häuser in der Region haben nicht einmal einen Keller. „Der beste Ort, um Schutz zu suchen, ist ein Keller oder ein Raum, der unter der Erde liegt“, heißt es auf der Webseite der Stadt Moore. Doch einige Sätze weiter heißt es: „Unglücklicherweise haben wenige Häuser in Moore einen Keller...“

Es ist aber auch die in den USA so häufig übliche „Leichtbauweise“, die dazu beiträgt, dass die Häuser vergleichsweise leicht Stürmen zum Opfer fallen. Auch bei der Schule in Moore war nicht alles so, wie es sein sollte. So räumt Bürgermeister Glenn Lewis ein: „Unglücklicherweise war es eine der älteren Schulen in der Stadt und die Struktur war nicht so gut gebaut, wie es hätte sein sollen.“

Experten bemängeln seit langem, dass es in der „Tornado Alley“ nicht strengere Bauvorschriften gibt. Die meisten Häuser sind aus Holz gebaut, haben ohne Keller kein ausreichendes Fundament, die Dächer sind nicht fest genug verankert, sagt der Experte Richard G. Little, der sich seit mehr als 20 Jahren mit solchen Sicherheitsfragen beschäftigt. „Wir wissen, dass wir es besser machen können. Wir wissen, dass wir bessere Häuser bauen können“, sagt er weiter.

Doch es sei „die Bau-Lobby“, die solche Gesetze immer wieder mit Verweis auf die hohen Kosten verhindere. „Vor allem das Anlegen von Kellern ist teuer“, meint Little. Doch wenn es schon keine Keller gebe, sollten wenigstens ein „Safe Room“ außerhalb des Hauses zur Pflicht gemacht werden. „Ich glaube, dass viele Menschen in Oklahoma sich jetzt wünschen, mehr für die Sicherheit ausgegeben zu haben.“