Die Ermittler halten den 19-Jährigen für die treibende Kraft der Gewaltorgie auf dem Alexanderplatz. Er hatte sich in die Türkei abgesetzt.

Ankara. Im Fall der tödlichen Prügelattacke am Berliner Alexanderplatz hat die Türkei eine Auslieferung des Hauptverdächtigen in Aussicht gestellt. Sollten die Voraussetzungen dafür erfüllt sein, werde sein Land den Mann ausliefern, sagte der türkische Justizminister Sadullah Ergin am Mittwoch nach einem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in Ankara. Der 19-Jährige, den die Ermittler für die treibende Kraft der Gewaltorgie halten, hatte sich in die Türkei abgesetzt.

Dem 19-Jährigen und fünf weiteren Männern wird vorgeworfen, in der Nacht zum 14. Oktober einen 20-Jährigen in Berlin ohne Anlass so brutal zusammengeschlagen und getreten zu haben, dass er einen Tag später an Gehirnblutungen starb.

Der türkische Justizminister betonte, es gebe ein internationales Abkommen und bestimmte Verfahren für eine Auslieferung von Straftätern. Die Türkei sei in dieser Frage immer ihrer Verantwortung nachgekommen. Das gelte auch in diesem Fall. Zu Einzelheiten äußerte er sich nicht.

Der 19-Jährige hatte in der „Bild“-Zeitung angekündigt, nach Berlin zurückzukommen und sich zu stellen. Dies hatte Diskussionen ausgelöst, warum die Zeitung den Verdächtigen ausfindig machte. Auch zwei weitere Verdächtige waren noch auf der Flucht.

Es gab auch am Dienstag keine konkreten Auskünfte, wie weit die Suche nach dem Hauptverdächtigen ist. „Wir haben alle uns zur Verfügung stehenden Fahndungsmaßnahmen eingeleitet – und das nicht erst gestern“, sagte Sprecherin Lisa Jani für den Justizsenator.

Für eine Auslieferung sind laut Staatsanwaltschaft ein internationaler Haftbefehl und ein Auslieferungsersuchen notwendig. „Das wird in diesem Fall etwas komplizierter“, sagte Heilmann dem rbb-Inforadio. Der Verdächtige sei deutscher Staatsbürger türkischer Abstammung. Es könne sein, dass er sich auch einen türkischen Pass besorgen wolle. „Dann darf er nicht ausgeliefert werden.“

Indes hat der Verband für Kriminalitätsopfer Weißer Ring die Ermittlungen kritisiert. In den Augen der Bürger sei die Justiz zu lasch, zu inkonsequent, sagte Verbandssprecher Helmut Rüster am Dienstag im Hessischen Rundfunk. „Das schafft falsche Signale für mögliche Nachfolgetäter.“

Berliner Ermittler fahnden unterdessen weiter mit Hochdruck nach drei mutmaßlich Beteiligten der tödlichen Prügelattacke. „Wir sind ihnen auf der Spur“, hieß es am Dienstag aus der Staatsanwaltschaft. Zwei von sechs Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft. Die Männer im Alter von 19 und 21 Jahren bekamen Haftbefehle wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge. Ein Dritter, der sich in Berlin gestellt hatte, ist auf freiem Fuß.

Die tödliche Prügelattacke vom Berliner Alexanderplatz wird am heutigen Mittwoch (31. Oktober, 23.45 Uhr) Thema in der ARD-Talkshow von Anne Will sein. Als Gäste werden die Schwester des 20-jährigen Todesopfers, der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller und der Sozialarbeiter Fadi Saad erwartet, wie eine ARD-Sprecherin am Dienstag mitteilte. Sie werden zum Thema „Keine Gnade für die Opfer – was soll mit den Schlägern geschehen?“ diskutieren. Am Sonntag hatten mehrere hundert Berliner in einer Trauerfeier in Charlottenburg von dem jungen Mann Abschied genommen. Daran nahm auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) teil.