Im Januar 2011 stoßen bei Hordorf zwei Züge auf eingleisiger Strecke zusammen. Zehn Menschen sterben. Zeugen belasten den Lokführer.

Magdeburg. Im Prozess um das schwere Zugunglück im Januar 2011 bei Hordorf (Bördekreis) hat das Magdeburger Landgericht am Dienstag weitere Zeugen gehört – und einer davon bringt den angeklagten Lokführer in Bedrängnis. Er habe den 41-Jährigen eindeutig in der hinteren der zwei Loks des Unglückszugs gesehen. „Ich stand am Bahnübergang in Langenstein bei Halberstadt und konnte deutlich sehen, dass er in der zweiten Lok war“, sagte der 39 Jahre alte Wachmann. „Es brannte Licht und er lief hin und her. Das hat mich stutzig gemacht.“ Er habe das Bild noch genau vor Augen. Er sei sich sicher, dass es sich um den späteren Unglückszug gehandelt habe.

Angeklagt ist der Lokführer des Güterzugs, der vor Mitternacht am 29. Januar 2011 bei Dunkelheit und Nebel auf eingleisiger Strecke in einen Personenzug gekracht war. Zehn Menschen starben, 23 wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Lokführer unter anderem fahrlässige Tötung vor. Er soll vor Hordorf zwei Haltesignale überfahren haben. Seit dem Prozessbeginn am 8. Oktober schweigt er zu den Vorwürfen.

Der mit Kalk beladende Güterzug wurde von zwei Dieselloks im „Tandem-Betrieb“ gezogen. Die Frage, in welcher der beiden Loks sich der Angeklagte zum Unglückszeitpunkt befunden hat, ist für den Prozess von zentraler Bedeutung. Mehrere Zeugen – darunter andere Lokführer und Ingenieure – hatten bisher ausgesagt und eingeschätzt, der Mann sei mit großer Wahrscheinlichkeit in der vorderen Lok gewesen. Das hätte auch die Auswertung eines elektronischen Datenspeichers ergeben, der aus der ersten Lok stammen soll. Ein Ingenieur der Deutschen Bahn machte dazu am Dienstag detaillierte Angaben.

Laut eines Experten des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) haben zwei Signale – ein Vor- und ein Blocksignal – dem Angeklagten vor Hordorf damals ein „Halt“ gezeigt. Die Anlage habe fehlerfrei funktioniert. Auch sei der Güterzug den EBA-Untersuchungen zufolge nicht zu schnell gefahren. Der Angeklagte habe nachweislich eine Schnellbremsung eingeleitet, nachdem ihn der Notruf des Fahrdienstleiters im Stellwerk Hordorf erreicht habe, so der Zeuge. Seit 14. September 2011 liegt ein Untersuchungsbericht des EBA vor. Die Zugkollision sei in einer menschlichen Fehlhandlung begründet, heißt es darin.

Ein Lokführer berichtete am vierten Prozesstag von der damals schlechten Sicht am Unglücksort. „Es war sehr neblig. Nach vorn gab es vielleicht 80 bis 100 Meter Sicht“, sagte der 43-Jährige. „In der Ecke um Hordorf war es besonders dicht. Man musste die Signale suchen.“ Er habe kurz vor der frontalen Zugkollision auch einen „aufgeregten Notruf“ gehört. Der Zeuge war gut 15 Minuten vor dem später verunglückten Güterzug auf der Strecke gefahren.