Auf gerader Strecke entgleist in Berlin eine S-Bahn. Mindestens sechs Menschen werden verletzt. Wie es zu dem Unglück kam, ist noch unklar. Anwohner sprechen von einem Blitzeinschlag auf der Strecke am Tag zuvor. Es ist nicht das erste Bahnunglück in Berlin.

Berlin. Bei einem S-Bahnunglück in Berlin ist am Dienstagvormittag ein Zug fast komplett entgleist. Mindestens sechs Menschen wurden verletzt, darunter der Zugführer, sagte ein Feuerwehrsprecher. 49 Passagiere wurden unverletzt in Sicherheit gebracht. Anwohner sprachen von einem Blitzeinschlag am Gleisbett am Vorabend. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Feuerwehr und Bundespolizei waren mit einem Großaufgebot im Einsatz. Auch Rettungshubschrauber waren am Unglücksort im Nordwesten Berlins.

Der Zug der Linie S 25 war gegen 11.45 Uhr stadtauswärts in Richtung Schulzendorf unterwegs, als er kurz nach dem S-Bahnhof Tegel aus den Schienen sprang, sagte ein Feuerwehrsprecher. Die Ursache für das Unglück war zunächst noch völlig unklar. „Wir haben noch keine Ahnung, was da passiert ist“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Augenzeugen berichteten von einem Blitzeinschlag an der Bahntrasse am Vorabend. Wohl deshalb habe die Schranke des nahe gelegenen Bahnübergangs nicht mehr richtig funktioniert. Inzwischen wird aber vermutet, dass das Unglück durch eine defekte Weiche ausgelöst worden ist. Die Deutsche Bahn wollte dies entgegen ersten Berichten nicht bestätigen. Die Untersuchungen laufen, sagte ein Sprecher.

In den vergangenen Jahren gab es in der Hauptstadt mehrere schwere Bahnunfälle. Im November 2006 prallte eine S-Bahn im Bahnhof Südkreuz gegen einen Bauzug. 33 Menschen wurden verletzt. Ein besonders folgenschwerer Bahnunfall ereignete sich nach einem Radbruch in Kaulsdorf im Mai 2009. Das Unglück stürzte das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn in eine große Krise, weil schwerwiegende technische Probleme zutage kamen.

Feuerwehrsprecher Rolf Erbe zeigte sich erleichtert, dass nichts Schlimmeres passiert sei. Die Einsatzkräfte seien auf noch mehr Verletzte eingestellt gewesen. Nach Angaben der Bahn waren bei der Weiche nahe dem S-Bahnhof Tegel zwei Wagen des Zuges auf das richtige Gleis geschoben worden, ein Teil landete auf einem Gleis für den Gütertransport, dazwischen hingen zwei weitere Wagen.

Von den sechs Waggons seien zwei fast vollständig zur Seite gekippt, hieß es. Am Gleisbett entstand ein erheblicher Sachschaden. Die Feuerwehr rückte mit schwerem Gerät an. Nach dem Unglück wurde der Strom sofort abgeschaltet. Die Passagiere wurden über die gesperrten Gleise auf den Parkplatz eines nahe gelegenen Supermarktes gebracht. Dort wurden sie von Einsatzkräften betreut. In den Geschäften in der Umgebung bekamen die Menschen nach ersten Berichten nicht viel von dem Bahnunglück mit. Ein lauter Knall sei nicht zu hören gewesen, sagte Veronika Bruselt von einem nahegelegenen Gardinengeschäft. Sie habe erst durch Kunden von dem Unglück gehört.

Die S-Bahn Berlin ist eine wichtige Ader für den Nahverkehr in der Hauptstadtregion. In normalen Zeiten zählt sie täglich rund 1,3 Millionen Fahrgäste. Das etwa 330 Kilometer lange Streckennetz in Berlin und dem Umland hat gut 160 Bahnhöfe. Das Unternehmen gehört zum bundeseigenen Konzern der Deutschen Bahn. Wartungsmängel, Technikprobleme und Managementfehler haben die S-Bahn vor drei Jahren in eine Krise gestürzt. Bis heute ist nicht der gesamte Fuhrpark fahrtüchtig. Die Zahl der Beschäftigten ist von einst mehr als 5000 auf knapp 2900 gesunken. Nach einer umfassenden technischen Aufrüstung ihrer Fahrzeuge hoffte die S-Bahnführung, noch in diesem Jahr die Krise hinter sicher zu lassen. Ein Teil der S-Bahn-Strecke ist jetzt vom Berliner Senat ausgeschrieben worden. (dpa)