Die Ermittler erhöhen den Druck auf die kriminelle Rockerszene. Jetzt durchsuchte die Polizei erneut Wohnungen. Auch ein Vereinslokal in Chemnitz geriet ins Visier schwer bewaffneter Beamter.

Berlin. Drei Anfang Juli im Rostocker Überseehafen festgenommene Sympathisanten der Rockergruppierung Bandidos haben möglicherweise einen Sprengstoff-Anschlag in Berlin geplant. Die Männer seien auf dem Weg in die Hauptstadt gewesen, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) Mecklenburg-Vorpommern am Mittwoch auf Anfrage und bestätigte damit einen Bericht des "Tagesspiegels“.

Polizisten hatten das Fahrzeug der 34, 36, und 47 Jahre alte Männer auf einer Fähre aus Dänemark kontrolliert und drei Stangen Sprengstoff – insgesamt ein Kilogramm – sowie eine Sprengkapsel gefunden. Zwei von ihnen sollen Mitglieder der Rockergruppierung Bandidos MC sein. Wie der "Tagesspiegel“ berichtet, gingen Ermittler davon aus, dass Mitglieder der Bandidos einen „blutigen Racheakt“ gegen Überläufer zum Konkurrenzclub Hells Angels planten.

Razzia bei verbotener Rockergruppe

Mit einer groß angelegten Razzia in drei Bundesländern ist die Polizei unterdessen erneut gegen die kriminelle Rockerszene vorgegangen. Seit Mittwochmorgen 6.00 Uhr werden auf Veranlassung der Berliner Polizei elf Objekte in Brandenburg, Sachsen und Baden-Württemberg durchsucht. Es handelt sich vorrangig um Wohnungen ehemaliger Mitglieder einer Ende Mai verbotenen Untergruppierung der Berliner Hells Angels. Festnahmen gab es nicht.

Durchsuchungen liefen in Cottbus, Eberswalde und Britz (Brandenburg), Bautzen, Chemnitz und Dresden (Sachsen) sowie Karlsruhe (Baden-Württemberg), wie ein Sprecher der Berliner Polizei auf dapd-Anfrage sagte. Neben Wohnungen sei auch ein Vereinsheim in Chemnitz dabei gewesen.

In Brandenburg, wo vier Wohnungen durchsucht wurden, und in Baden-Württemberg waren die Einsätze laut Polizei nach etwa einer Stunde abgeschlossen. In Sachsen hielten sie am Vormittag vereinzelt noch an.

Es ging nicht um Festnahmen, wie der Sprecher sagte, sondern es sollte Vermögen der verbotenen Rockergruppe sichergestellt werden. Zugleich wollte die Polizei Erkenntnisse über grenzüberschreitende Strukturen und Immobilien gewinnen. Beschlagnahmt wurden nach bisherigen Erkenntnissen szenetypische Rockerbekleidung, die ebenfalls unter das Verbot fällt, und Unterlagen, die jetzt ausgewertet werden sollen.

Hintergrund der Razzien ist laut Polizei das Ende Mai von Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) erlassene Verbot der Ortsgruppe „MC Berlin City“ des Rockerclubs Hells Angels. Im Einsatz waren insgesamt 100 Beamte der jeweiligen Landespolizei, die Berlin Amtshilfe leisten.

Der verbotenen Rocker-Ortsgruppe waren unter anderem Gewalttaten, Waffendelikte und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen worden. Der Einsatz wurde aber verraten, wobei die Polizei die undichte Stelle in den eigenen Reihen vermutet. Die Ermittlungen laufen noch. Die Hells Angels klagen gegen das Verbot.

Im gesamten Bundesgebiet ist die Polizei im vergangenen halben Jahr immer wieder mit Razzien gegen die rivalisierenden Rockerbanden Bandidos und Hells Angels vorgegangen. Besonders betroffen waren neben der Hauptstadtregion Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. In einer einstigen Lagerhalle der Hells Angels bei Kiel suchte die Polizei sieben Wochen lang nach der Leiche eines seit zwei Jahren vermissten Mannes. (dapd)