Zu der wohl bewegendsten Feier nach dem Massaker kamen Mitglieder nordischer Königshäuser, Staatschefs, Überlebende, Helfer und Freunde.

Oslo/Sundvollen. Musik, Gedichte und bewegende Worte: Gut vier Wochen nach dem Massaker von Utøya hat Norwegen noch einmal vereint innegehalten. Zum Abschluss dreitägiger Trauerveranstaltungen gedachte das Land am Sonntag bei einer offiziellen Feier der 77 Opfer der Terroranschläge vom 22. Juli. An der zweistündigen Veranstaltung in der mit Kerzenlicht erleuchteten Oslo Spektrum Arena nahmen Mitglieder der nordischen Königshäuser, darunter das Kronprinzenpaar Haakon und Mette-Marit, Kronprinzessin Victoria von Schweden, Kronprinz Frederik von Dänemark und Präsidenten und Regierungschefs teil. Auch Überlebende und Vertreter der Rettungskräfte zählten zu den rund 6700 Gästen.

König Harald V. sprach sichtlich bewegt in der im Halbdunkel liegenden Halle zu den Menschen. „Als Vater, Großvater und Ehemann kann ich Ihren Schmerz nur erahnen. Als König dieses Landes fühle ich mit jedem von Ihnen“, sagte der Monarch. Als die Namen der 77 Opfer verlesen wurden, brachen Menschen in Tränen aus, andere standen zum Zeichen des Respekts auf. Auf der Bühne brannten 77 Kerzen.

Die Feier in Oslo markierte den Abschluss der offiziellen Trauerperiode. Ministerpräsident Jens Stoltenberg appellierte an die Menschen, die Angehörigen der Anschlagsopfer weiter zu unterstützen und achtsam zu sein bei jeder extremistischen Tendenz. „Die Trauer der Familien können wir nur erahnen: den leeren Stuhl beim Sonntagsessen, ein Geburtstag ohne das Geburtstagskind, das erste Weihnachtsfest“, sagte er. Die Zeremonie sei ein wichtiger Schritt, um das Geschehene zu verarbeiten.

Selbst Norwegens Erfolgsband A-ha kehrte nach ihrer Auflösung im vergangenen Jahr für die Gedenkzeremonie noch einmal vereint auf die Bühne zurück. Mit ihrem Hit „Stay On These Roads“ aus dem Jahr 1988 zogen sie die Zuhörer in ihren Bann.

Am Freitag und Samstag hatten Angehörige und Überlebende bereits die Attentatsorte in der Osloer Innenstadt und auf der Ferieninsel Utøya besucht. Mindestens 1000 Menschen wurden mit Fähren und Militärbooten auf die Insel gebracht, auf der der Rechtsradikale Anders Behring Breivik am 22. Juli 69 Menschen getötet hatte. Dem Massaker in einem Sommerlager der Jugendorganisation der norwegischen Sozialdemokraten war eine Bombenexplosion im Regierungsviertel von Oslo vorausgegangen, bei der acht Menschen starben.

Mit der Rückkehr zur Insel sollte den Überlebenden geholfen werden, die dramatischen Ereignisse dort zu verarbeiten, wie es hieß. Zugleich wollten die Jugendlichen „ihr“ Utøya zurückgewinnen. Das jüngste Opfer des Massenmörders war erst 14 Jahre alt.

„Es war hart, an einen Ort zurückzukehren, wo Freunde getötet wurden“, sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF, Eskil Pedersen, vor Journalisten. Zugleich sei es aber auch großartig gewesen, hier und da wieder ein Lächeln zu sehen. Pedersen konnte unverletzt fliehen, als die Schießerei auf der Insel begann.

Die Überlebenden zündeten Kerzen an und legten Blumen und Karten an den Stellen nieder, wo ihre Freunde starben. Viele seien während des Besuchs auf der Insel von ihren Gefühlen überwältigt worden, sagte Pedersen. Wirtschafts- und Handelsminister Trond Giske, der am Samstag ebenfalls auf Utøya war, sagte, er sei beeindruckt von der „Wärme und Würde“ der jungen Menschen mitten im größten Leid.

„Für viele wird es nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Rückeroberung Utøyas sein“, sagte Bjørn-Inge Larsen von der norwegischen Gesundheitsbehörde, dem Sender NRK.

Schon am Freitag waren Angehörige der Opfer auf die Insel gekommen. Auch dieser Gang, der den Familien bei der Bewältigung des Verlustes helfen sollte, war voller Emotionen. Am Samstag konnte jeder Überlebende einen Verwandten oder Freund nach Utøya mitbringen.

Das letzte der 77 Opfer war am Donnerstag beerdigt worden. Der geständige Attentäter muss weitere vier Wochen bis zum 19. September in Einzelhaft bleiben. Danach entscheidet das Gericht neu. (dpa)