Nach dem Tod von Eisbär Knut wird weiter über die Todesursache spekuliert. Ein Neurologe aus Bonn sieht Parallelen zu Laobrratten.

Berlin. Der Berliner Eisbär Knut soll an einem epileptischen Anfall gestorben sein. Das sagte der Bonner Neurologe Christian Elger dem Magazin "Focus" nach Analyse eines Films, den ein Zoobesucher in den entscheidenen Momenten gedreht hat. Elger ist Experte für Epilepsie und deutet die im Film zu sehenden „typischen Drehbewegungen“ des Tieres mit einem angezogenen Bein als einen epileptischen Anfall. Er kenne ähnliches aus Beobachtungen von Laborratten, sagte der Professor der Universität Bonn.

Der erst vierjährige Eisbär war vor Hunderten von Besuchern auf dem Bärenfelsen im Zoo Berlin zusammengebrochen, ins Wasser gestürzt und gestorben. Der Krampf, den Elger bei dem Eisbären im Film erkannt haben will, habe entsprechende Schutzreflexe vor dem Ertrinken im Gehirn ausgeschaltet. Auch Bärenkurator Heiner Klös und andere Zoobesucher, die den Vorfall beobachteten, vermuteten, dass Knut „eine Art epileptischer Anfall“ geschüttelt habe.

Eine erste Sektion hatte bereits zuverlässig ergeben, dass Knut eine schwere Gehirnerkrankung hatte. Die genaue Todesursache war damit aber noch nicht geklärt worden. Konkrete Ergebnisse erhoffen sich die Experten von Schnitten aus Gehirngewebe, das nach speziellen Verfahren mikroskopisch und histologisch analysiert wird. Das Gehirn ist zunächst in einer Speziallösung konserviert worden und ist dann bis etwa Montagnachmittag für die noch nötigen Untersuchungen entsprechend präpariert.

Der Zoologische Garten und das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung planen nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa für 31. März in Berlin eine internationale Pressekonferenz. Dabei sollen die Daten sämtlicher Untersuchungen des Tierkadavers, auch Erkenntnisse aus mikroskopisch analysierten Schnitten des schwer erkrankten Bärengehirns sowie Bilder aus der Computer-Tomographie bekanntgegeben werden.

Madame Tussauds schließt Wachsfigur von Knut nicht aus

Inzwischen hat Berlins Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz in den Tagen nach Knuts Tod nach eigenen Angaben „einige extrem unfreundliche und auch beleidigende Briefe und Mails“ erhalten. Konkrete Drohungen hätten ihn allerdings nicht erreicht, sagte Blaszkiewitz am Freitag. Im Internet, in Leserbriefen, aber auch von einigen Besuchern am Eisbär-Gehege im Zoologischen Garten waren zum Teil heftige persönliche Angriffe und auch Drohungen zu lesen und zu hören gewesen. „Das meiste ist aber einfach Blödsinn und Kokolores“ sagte Blaszkiewitz.

Der Zoo-Direktor war wegen der längere Zeit umstrittenen Haltung des Eisbären zusammen mit drei älteren Weibchen in die Kritik geraten. Vorwürfe waren aufgekommen, Knut könnte an Stressfolgen gestorben sein. Der Präsident des deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, warf Blaszkiewitz am Freitag Ignoranz und „eine Zucht des eigenen Renommees“ vor. Wenn er die Eisbärzucht fortsetzen wolle, gehe es ihm nicht um Artenschutz und Tierwohl. „Die Eisbärhaltung und -zucht muss ein Ende haben, jetzt und sofort.“

Zoo-Direktor Blaszkiewitz sagte zu den persönlichen Vorwürfen gegen ihn, er nehme diese nicht ernst. „Da erfindet irgendeiner etwas, und in der heutigen Zeit ist das leicht zu verbreiten“, sagte er. Blaszkiewitz erinnerte selbst an Vorgänge im Frühjahr 2008. Nach Medienberichten hatte er damals öffentlich selbst eingeräumt, im Jahr 1991 im Tierpark Friedrichsfelde eigenhändig vier Kätzchen getötet zu haben. Sie seien verwildert gewesen und hätten Krankheiten auf Zoo-Tiere übertragen können. Damals kamen sogar Morddrohungen auf. Der Zoo schaltete die Polizei ein, die Ermittlungen aufnahm - ohne Ergebnis. Im aktuellen Fall liegt noch keine Anzeige vor.

Blaszkiewitz verteidigte, wie Heiner Klös als Bären-Betreuer des Zoos, die Bedingungen der Eisbär-Haltung in Berlin. In einem Interview (“Berliner Morgenpost“) erinnerte er daran, dass es in Berlin auch schon eine Eisbär-Handaufzucht mit Happy End gegeben habe. So lebe der im Tierpark Friedrichsfelde geborene und wie Knut von Hand aufgezogene Eisbär Björn Heinrich im Alter von 24 Jahren noch heute in einem kroatischen Zoo. Er sei dreimal Vater geworden.

Der frühere Koordinator für Eisbärenzucht in europäischen Zoos, der Niederländer Hans van Weerd, hatte schon zu Lebzeiten von Knut darauf hingewiesen, dass Handaufzuchten nur selten gelungen seien. Seit 25 Jahren seien 60 Handaufzuchten von Eisbären bekannt, nur 30 Tiere hätten überlebt. Und nur in fünf Fällen hätten diese Bären eigenen Nachwuchs gezeugt, der seinerseits überlebt habe.