Ein Mitglied der stadtbekannten “Bandidos“ soll bei dem brutalem Übergriff einem der Opfer geholfen haben. Der Fall gibt weiter Rätsel auf.

Berlin. Das Verbrechen löste Bestürzung in ganz Deutschland aus, und immer neue Details werden bekannt, die den Fall weiter erhellen. Am Freitag, eine Woche nach dem brutalen Überfall jugendlicher Gewalttäter am Berliner U-Bahnhof Lichtenberg, hat der Staatsanwalt die Anklage ausgeweitet. Sie lautet nun auf zweifachen versuchten Raubmord. Bislang hatte sich die Anklage nur auf einen Fall bezogen.

Die Beschuldigten - drei 17-Jährige und ein 14-Jähriger aus Einwandererfamilien - hätten sowohl einen 30 Jahre alten Berliner Malergesellen als auch dessen gleichaltrigen Kollegen aus Mecklenburg-Vorpommern "ausrauben und verletzen wollen", sagte Staatsanwalt Martin Steltner zur Begründung.

Die beiden Maler befanden sich zum Zeitpunkt des Überfalls am Freitag vergangener Woche gegen 23.50 Uhr auf dem Heimweg nach einem Feierabendbier. Die Jugendlichen griffen sie im U-Bahnhof an, schlugen und traten zunächst den Berliner, bis dieser bewusstlos am Boden liegen blieb. Anschließend stahlen sie ihm das Handy, das einer der Täter für 30 Euro an den eigenen Vater verkauft haben soll.

Danach ging das Quartett auf den anderen Malergesellen los, der mehrfach erfolglos versuchte, sich vor den Schlägern zu verstecken. Schließlich gelang es ihm, auf die Straße zu entkommen, wo ihm ein Unbekannter half. Es handelt sich dabei laut Zeugen um ein Mitglied eines stadtbekannten Motorradklubs ("Bandidos"). Er soll die Angreifer vertrieben haben, indem er vor ihnen seine szenetypische Lederkutte öffnete und dabei eine Waffe zeigte. Die Staatsanwaltschaft wollte dies nicht bestätigen. Der Mann habe aber ein "Respekt einflößendes Auftreten" gehabt, und "die Jugendlichen waren durch dessen Auftreten wohl beeindruckt und haben daraufhin die Flucht ergriffen", sagte Steltner. Der Unbekannte werde derzeit als Zeuge gesucht.

Rätselhaft ist indes, dass der Maler anschließend nach Hause ging, ohne die Polizei zu alarmieren. Den Rettungswagen für seinen bewusstlosen Kollegen rief ein Zeuge des Überfalls, andere Beistehende unternahmen nichts, um zu helfen.

Die Attacke der Jugendlichen hätte jeden treffen können, sagte Steltner. Es habe sich um eine "reine Zufallsbekanntschaft" gehandelt. Der Überfall konnte mit Bildern aus Überwachungskameras aufgeklärt werden.

Das lebensgefährlich verletzte Opfer liegt noch im Koma. Der Vater eines der Tatverdächtigen hat sich inzwischen bei dem Opfer entschuldigt. "Ich kann nur hoffen, dass der Mann wieder gesund wird und keine bleibenden Schäden erleidet", sagte er.

Unterdessen schreibt die Schwester des Opfers auf ihrer "Facebook"-Seite über ihre Sorge um den Bruder. "Ich bin Krankenschwester und habe viel Schlimmes gesehen, aber der Anblick meines eigenen Bruders war das Schlimmste und Erschreckendste, was ich je erlebt und gesehen habe." Sie appelliert zudem an Zeugen des Überfalls, sich bei der Polizei zu melden.

Inzwischen sorgt ein weiterer Übergriff im Berliner öffentlichen Nahverkehr für Aufsehen. Auf dem S-Bahnhof Osdorfer Straße in Lichterfelde brach ein Streit zwischen drei Männern aus, teilte die Bundespolizei am Freitag mit. Die Auseinandersetzung eskalierte. Zwei der Männer, ein betrunkener 19-Jähriger und sein 24 Jahre alter Begleiter, schlugen auf den dritten, 39 Jahre alten Mann ein und traten mit den Knien gegen seinen Brustkorb.

Mutige Reisende griffen ein und trennten die Männer. Als das Opfer in die S-Bahn Richtung Südende stieg, griffen ihn die beiden anderen Männer erneut an. Auch hier kamen Zeugen zu Hilfe und alarmierten die Polizei. Die Bundespolizei nahm die Täter fest. Die Männer waren wegen Gewaltdelikten und Diebstahl vorbestraft.