Sind vor dem Tod einer drogensüchtigen Mutter und ihres Sohnes in Leipzig Fehler passiert? Die zuständigen Ämter treffen sich zur Krisensitzung.

Leipzig. Nach dem qualvollen Tod eines kleinen Jungen neben der Leiche seiner drogensüchtigen Mutter in Leipzig werden die Fragen an die zuständigen Ämter immer drängender. Antworten gab es am Montag jedoch keine. Vertreter von Jugend- und Gesundheitsamt, Drogenhilfe und Allgemeinem Sozialdienst (ASD) trafen sich hinter verschlossenen Türen zu einer Krisensitzung. Sie prüften, ob es Versäumnisse bei der Betreuung der Familie gab. Zugleich kritisierten sie, dass sie von der Polizei erst fünf Tage nach dem Fund der Leichen über den Fall informiert wurden.

Leipzigs Stadtsprecher Matthias Hasberg sagte, es werde versucht zu klären, was zwischen dem letzten Jugendamtskontakt am 10. April und dem Tod von Mutter und Sohn passiert ist. „Sie müssen rund zehn Wochen Tag für Tag angucken“, sagte Hasberg. Für die 26 Jahre alte Mutter sei das Gesundheitsamt zuständig gewesen, für das Wohl ihres zwei Jahre alten Sohnes das Jugendamt. Normalerweise gebe es zwischen den Ämtern ein „geregeltes Austauschverfahren“, sagte Hasberg.

Mutter und Sohn waren in der Nacht zum 17. Juni tot in ihrer Wohnung gefunden worden. Nachbarn hatten Alarm geschlagen, weil Verwesungsgeruch aus der Erdgeschosswohnung in einem gutbürgerlichen Wohnviertel drang. Der Junge verdurstete wahrscheinlich qualvoll neben seiner toten Mutter. Die arbeitslose Frau war seit ihrem 16. Lebensjahr wegen ihrer Drogenprobleme bekannt. Nach Angaben des Jugendamtes hatte ihr Vermieter zuletzt im März dieses Jahres Hinweise auf Drogenmissbrauch gemeldet.

Wann genau die 26-Jährige und ihr Sohn starben, ist weiter unklar. Nach Einschätzung eines Mediziners der Uni Leipzig lebte der Junge möglicherweise noch Tage neben seiner toten Mutter. „Wenn das Kind sonst völlig gesund war, kann man davon ausgehen, dass der akute, lebensbedrohliche Flüssigkeitsmangel nach spätestens drei bis vier Tagen eintritt“, sagte Dr. Werner Siekmeyer. Er hält es für möglich, dass der Kleine nicht allzu lange laut geschrien hat. Ab einem Flüssigkeitsverlust von etwa zehn Prozent kämen Kinder in eine Phase, in der sie lethargisch und damit ruhiger seien.

Auch die Untersuchungen zur Todesursache dauerten an, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig, Ricardo Schulz. „Es kann noch mehrere Wochen dauern, bis ein Ergebnis vorliegt.“ Es werde auch versucht zu klären, wann Mutter und Sohn das letzte Mal lebend gesehen wurden. „Das gesamte soziale Umfeld wird abgeprüft“, sagte Schulz. Ob der kleine Junge eine Kinderkrippe besuchte, konnte bislang niemand beantworten.

Die Ermittler schauen außerdem, ob den zuständigen Ämtern Fehler unterlaufen sind. „Wir prüfen, ob es Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Versäumnisse gibt“, sagte Schulz. Er betonte aber, dass in dieser Hinsicht noch alles „vollkommen offen“ sei.