Models wiegen heute 23 Prozent weniger als normale Frauen. Eine Tatsache, die die Frauenzeitschrift “Brigitte“ zum Umdenken bewegt hat.

Hamburg. Dünn, dünner, Size Zero. Auf internationalen Laufstegen und in Modemagazinen dominieren schon seit Jahren Models, die weniger durch die zur Schau getragenen exklusiven Designer-Entwürfe, als durch besorgniserregende Körpermaße auf sich aufmerksam machen. Das Klischee vom ewig hungrigen Mannequin mit dem Salatblatt im Kühlschrank ist längst keines mehr.

Große Aufmerksamkeit lenkte erstmals die Chefin der britischen "Vogue" auf das Thema, als sie im Sommer vehement gegen die Mini-Entwürfe gefragter Modedesigner protestierte, die Models zu unnatürlichen und ungesunden Körpermaßen zwängen. Die deutsche Frauenzeitschrift „Brigitte“ zieht jetzt nach und ändert radikal ihre Einstellung zu Models: Sie will auf Profi-Models ganz verzichten und ab 2010 „normale“ Frauen für Modefotos engagieren.

Eine Sprecherin des Verlages Gruner + Jahr bestätigte am Montag einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Darin sagte „Brigitte“-Chefredakteur Andreas Lebert zur Begründung: „Die gesamte Branche ist magersüchtig .“ Models würden heute 23 Prozent weniger wiegen als normale Frauen. „Seit Jahren müssen wir die Mädchen mit Photoshop dicker machen, die Schenkel, das Dekollete“, sagte Lebert. Das sei gestört und pervers. „Und was hat das noch mit unserer echten Leserin zu tun?“

Der Chefredakteur verwies auf das Problem der Glaubwürdigkeit: „Wir zeigen Mode an Insekten, und hinten im Heft sagen wir: Steh zu dir selbst, steh zu deinem Körper, die neuen Rezepte und so weiter.“ Lebert verwies auch auf seit 20 Jahren sinkende Auflagenzahlen von Frauenzeitschriften: „Das muss doch was mit unserem Umgang mit Mode und Beauty zu tun haben.“ Frauen wollen nach seiner Ansicht keine Kleiderständer mehr sein; dies würden Umfragen und Leserbriefe bestätigen.

Die „Brigitte“ hat schon öfter Mode auch an Frauen gezeigt, die nicht in das Model-Klischee passen, darunter waren auch alte grauhaarige und faltige Frauen. In Zukunft zeige das Magazin in allen Heften und auf allen Online-Seiten, dass ihre Leserinnen wie Studentinnen, Buchhändlerinnen, Köchinnen und Unternehmerinnen genau so schön seien wie Models, teilten die „Brigitte“-Chefredakteure Andreas Lebert und Brigitte Huber am Montag in Hamburg mit. „Wir zeigen Frauen, die mitten im Leben stehen“, betonten sie.

Ab sofort werden sämtliche Fotostrecken von der Mode über Beauty bis hin zu Living und Fitness nicht mehr mit professionellen Models produziert. „Hinter dem Beruf des Models steckt die Idee, die Frau nicht selbst zu zeigen, sondern einen Platzhalter - ein Modell gewissermaßen“, sagte Lebert. Das empfänden viele Frauen inzwischen als überholt, zumal die auch von der Modebranche geprägten Schönheitsideale bis hin zum Mager-Model-Trend äußerst umstritten seien. „Einen Platzhalter brauchen Frauen nicht mehr. Sie wollen kein Rollenbild vorgesetzt bekommen, sondern selbst am Entwurf beteiligt sein“, sagte Lebert.

Nach den Worten von Huber hat Attraktivität heute viele Gesichter. Auch seien Designer nicht mehr die alleinigen Initiatoren von Trends. „Ob Schauspielerinnen, Musikerinnen, Präsidentengattinnen oder die Frauen auf den Straßen der Metropolen -sie alle prägen Mode- und Beauty-Styles“, sagte Huber. Die Frauen für sämtliche neuen Fotoproduktionen werden künftig unter anderem über brigitte.de/ohne-models gecastet. (abendblatt.de/AP/ddp)