Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angesichts der schnellen Verbreitung der Schweinegrippe zu anhaltender Wachsamkeit aufgerufen: Weltweit wurden inzwischen fast 800 Infektionen bestätigt, die meisten mit 473 in Mexiko.

Mexiko-Stadt/Genf. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angesichts der schnellen Verbreitung der Schweinegrippe zu anhaltender Wachsamkeit aufgerufen. Es wäre unvorsichtig, sich bei dem schnell mutierenden Erreger von der bislang geringen Zahl der Todesopfer beruhigen zu lassen, erklärte der WHO-Direktor für das globale Warnsystem, Mike Ryan.

Weltweit wurden inzwischen fast 800 Infektionen bestätigt, die meisten mit 473 in Mexiko. 197 Erkrankungen gibt es in den USA und 85 in Kanada. Dort wurde auch erstmals eine Übertragung auf Schweine gemeldet. In Deutschland gibt es inzwischen acht infizierte Patienten.

Die Zahl der Todesopfer in Mexiko stieg auf 19. Bei elf weiteren Todesfällen seit Freitag sei die Schweinegrippe als Ursache noch nicht sicher bestätigt, sagte Gesundheitsminister Jose Angel COrdova am Samstag. Im ganzen Land blieben am Wochenende öffentliche Einrichtungen und Unternehmen geschlossen. Alle 176 Fußballspiele mussten ohne Zuschauer ausgetragen werden.

In den USA gab es vor allem in den Staaten New York, Texas und Kalifornien bestätigte Infektionen, zumeist bei Urlaubsrückkehrern aus Mexiko. Zahlreiche Schulen blieben geschlossen. Präsident Barack Obama versicherte, die USA träfen alle nötigen Vorbereitungen. Er hoffe aber, "dass sich all diese Vorsichtsmaßnahmen und Vorbereitungen als unnötig erweisen", sagte Obama. Am Samstag stimmte er sich telefonisch mit seinem mexikanischen Kollegen Felipe CalderOn ab.

Experten warnen vor mutierendem Virus

Die WHO gibt weiter keine Entwarnung: "Diese Viren mutieren, sie ändern sich, sie können sich mit anderem genetischen Material neu gruppieren", erklärte Ryan am Samstag. 2,4 Millionen Einheiten des Medikaments Tamiflu wurden in 72 Entwicklungsländer verschickt, um diese gegen eine mögliche Pandemie zu wappnen.

Das US-Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) äußerte sich ähnlich besorgt. "Wir haben schon Zeiten erlebt, in denen die Dinge scheinbar besser wurden, nur um dann schlechter zu werden", erklärte Anne Schuchat, Wissenschaftsdirektorin des CDC. Zuvor hatten Experten des Zentrums erklärt, das Schweinegrippe-Virus H1N1 verfüge nicht über die genetischen Eigenschaften, die den früheren Erreger so gefährlich machten. Die Spanische Grippe von 1918/19 war einer der tödlichsten Seuchen in der Geschichte der Menschheit und hat nach Schätzungen von Experten 40 bis 50 Millionen Menschen das Leben gekostet.

Drastische Maßnahmen in Asien

Ein beunruhigendes Zeichen zur Wandlungsfähigkeit des neuartigen Erregers kam am Wochenende aus Kanada: Erstmals wurde der Erreger von einem Menschen auf Schweine übertragen. Die rund 220 Tiere des Bauernhofs in der Provinz Alberta wurden unter Quarantäne gestellt. Ein Arbeiter war nach Angaben der Lebensmittelbehörde aus Mexiko zurückgekehrt und zwei Wochen später zeigten die Tiere Krankheitssymptome. Das Virus habe sich vermutlich nicht über den betroffenen Betrieb hinaus verbreitet.

Nach dem ersten Schweinegrippe-Fall in China wurden alle Flüge aus Mexiko ausgesetzt. Das Hotel, in dem der erkrankte Tourist aus Mexiko in Hongkong abgestiegen war, wurde mit seinen 350 Gästen für sieben Tage unter Quarantäne gestellt. Die rund 130 Passagiere, die im gleichen Flug wie der Grippepatient nach China gekommen waren, wurden ebenfalls für eine Woche isoliert. Singapur beschloss, alle aus Mexiko ankommenden Passagiere pauschal für eine Woche unter Quarantäne zu stellen.