Berlin. Ein Hoch, das die Meteorologen "Claus" getauft haben, liegt seit dem Wochenende über Polen. Wie bei jedem Hochdruckgebiet auf der Nordhalbkugel der Erde strömt die Luft im Uhrzeigersinn. Nördlich des Hochs gibt es also Westwinde, im Süden dagegen weht Ostluft. Und weil "Claus" auch noch einen Keil über Schweden bis fast nach England schiebt, pfeift der Wind am Südrand dieser Hochdruckzelle auf direktem Weg aus Rußland nach Deutschland.

In der Nacht zu Montag strich der kalte Atem Sibiriens bis in den Südwesten Deutschlands und bescherte selbst dem sonnenverwöhnten Freiburg im Breisgau minus vier Grad Celsius. Gleichzeitig aber flaute der Wind ab, die Kälte kam zur Ruhe. Und weil "Claus" auch noch recht trockene Luft nach Deutschland schaufelte, klarte der vorher wolkenverhangene Himmel rasch auf.

Das Ergebnis gestern früh: In Hamburg zeigte das Thermometer des Deutschen Wetterdienstes (DWD) offizielle minus 11,3 Grad Celsius. In Potsdam waren es sogar minus 18 Grad, weil in den Osten Deutschlands noch kältere Luft eingeflossen und dort auch noch vielerorts Reste einer Schneedecke vorhanden sind. Über Schnee pfeift nächtens noch mehr Wärme himmelwärts als über kahlem Boden.

Ungewöhnlich sind solche Temperaturen aber keineswegs. DWD-Meteorologe Günter Delfs fischt gleich eine Reihe erheblich tieferer Werte aus seiner Rekordliste: Am 13. Februar 1940 bibberten die Hamburger nicht wenig, als sie sich bei minus 29,1 Grad Celsius auf den Weg zur Arbeit machten. Da kann nicht einmal der kalte Osten mithalten, in Potsdam und Berlin wurden die tiefsten Werte 1929 mit 26,8 und 26,0 Grad minus gemessen. In München dagegen waren es am 12. Februar 1929 knackige minus 31,6 Grad.

Außergewöhnlich sind die tiefen Temperaturen also weder im Osten der Republik und schon gar nicht im Westen. Nur waren die Winter in den letzten Jahren recht mild, da vergißt man die Kälte rasch. Allzuweit zurück erinnern aber müssen sich Kälteliebhaber nicht: So fror 1984 bis 1986 gleich in drei aufeinanderfolgenden Wintern die Ostsee zu. "Egal, ob in Moskau oder Hamburg, die Winter sind halt immer mal kalt oder mild", sagt Delfs.

Zwischen der momentanen Kältewelle und dem Klimawandel sieht Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg auch keinen Zusammenhang. "Die Klimamodelle sagen eher einen Trend zu milderen Wintern voraus", betont der Forscher. Selbst wenn der Golfstrom schwächer wird und so die Heizung Mitteleuropas herunterdreht, dürfte die allgemeine Klimaerwärmung diese Abkühlung auch hierzulande mindestens ausgleichen, zeigen die Klimamodelle.

Es wird also auch in Zukunft mal kalte und mal mildere Winter geben. Und wenn es in den nächsten Tagen wie vom Deutschen Wetterdienst vorhergesagt winterlich bleibt, könnte dieser Winter wieder einmal zu den kühleren Exemplaren gehören.