Russischer Winter in Mitteleuropa! Fünftes Kälteopfer in Deutschland. Der Dauerfrost hat auch Hamburg im Griff. Auf der Elbe treibt das Eis, die Alster ist zugefroren, allerdings (noch!) nicht zu betreten.

HAMBURG. Deutschland zittert wie der Osten Europas weiter unter der extremen Kälte mit zweistelligen Minusgraden. Die eisigen Temperaturen forderten ein fünftes Opfer: In Brandenburg starb ein 63 Jahre alter Mann an den Folgen einer Unterkühlung. Ein Nachbar fand ihn am Montagabend in seinem unbeheizten Haus in Großräschen. Die Temperatur im Haus habe unter dem Gefrierpunkt gelegen, berichtete die Polizei.

Im Nachbarland Polen kamen neun weitere Menschen durch den Frost ums Leben, so daß die Zahl der Kältetoten seit Winterbeginn auf 159 stieg. Auch in Ungarn und Frankreich erfroren Menschen. Die verschneite Akropolis in der griechischen Hauptstadt Athen wurde wegen Glättegefahr für Besucher geschlossen. In Deutschland war es in der Nacht zum Dienstag vielerorts noch kälter als in der Nacht zuvor. Am unbewohnten bayerischen Funtensee wurden 36,2 Grad unter Null gemessen, nach 34,8 Grad Frost in der Nacht zum Montag. In Hamburg sank das Thermometer gestern immerhin bis auf minus elf Grad - Grund genug für viele, gut "behütet" an die frische Luft zu gehen.

Mit einer Temperatur von minus 29,1 Grad erlebte auch die bayerische Gemeinde Haidmühle die bisher kälteste Nacht des Jahres. Wie der Wetterdienst Meteomedia erklärte, lag die zwischen 7 und 8 Uhr gemessene Temperatur ein halbes Grad unter der, die in der Nacht zum Montag festgestellt worden war. Haidmühle, ein staatlich anerkannter Erholungsort, liegt im Dreiländereck Bayern-Tschechien-Österreich. In Morgenröthe-Rautenkranz in Sachsen froren die Bewohner bei minus 22,9 Grad. Am wärmsten war die Nacht mit minus 3,1 Grad in Krefeld in Nordrhein-Westfalen. Das kräftige Hoch "Claus" soll die Temperaturen bis Mittwoch tief im Keller halten.

In Mecklenburg-Vorpommern setzte ein Mann seine Wohnung in Brand, als er versuchte, die eingefrorene Heizung mit einem Haartrockener wieder in Gang zu bringen. Nach Angaben der Polizei ließ der 46jährige das Gerät in seinem Schlafzimmer für kurze Zeit unbeaufsichtigt. Als er zurückkehrte, stand das Zimmer in Flammen. Es entstand 100 000 Euro Schaden. Verletzt wurde niemand.

Auf dem Main-Donau-Kanal wurde die Schiffahrt eingestellt. In den Schleusen türmten sich Eisschollen bis zu einem Meter hoch. In Hamburg warnten die Behörden trotz des anhaltenden Frostes vor dem Betreten der noch brüchigen Eisflächen.

Den Bauern macht die Kälte noch keine Sorgen. "Raps und Wintergetreide tut es gut, wenn die Spitzen abfrieren, weil sie sich dann besser verzweigen", sagte ein Sprecher des Landesbauernverbandes. "Den Tieren macht die Kälte meist auch nichts aus." Allerdings könne es Probleme bei der Versorgung geben, wenn die Wasserleitungen in den Ställen einfrören und das Futter am Boden festfriere.

Auch in anderen Teilen Europas herrschte bittere Kälte. In Ungarn erfror ein 73 Jahre alter Mann in Tiszafüred - 160 Kilometer östlich der Hauptstadt Budapest. Aber auch im Westen Europas, in Joinville-le-Pont südöstlich von Paris, lag ein Obdachloser tot in einem Autowrack. Er war vermutlich der Kälte zum Opfer gefallen.

In Polen ließen sich bei Temperaturen bis zu minus 30 Grad seit dem Wochenende mehr als tausend Menschen wegen Erfrierungen in Krankenhäusern behandeln. In Krakauer Parkanlagen wurden Kohlebecken aufgestellt, damit sich Obdachlose aufwärmen können. Auch die Stettiner Werft, die ihre Belegschaft zum größten Teil in Urlaub schickte, ließ für die wenigen verbliebenen Arbeiter Kohlebecken aufstellen. In Masuren brach für etwa tausend Haushalte die Gasheizung zusammen. In einer Kaserne und in Schulen wurden Decken und warmes Essen für die Frierenden bereit gehalten. An vielen Schulen fiel der Unterricht aus. Das Erziehungsministerium appellierte an die Eltern, ihre Kinder im Haus zu behalten.

In Bulgarien hatten bei Temperaturen um minus 20 Grad etwa 35 Orte keinen Strom. In 18 von insgesamt 28 Verwaltungsregionen schlossen unbeheizte Schulen. Der Flughafen in der zweitgrößten Stadt Plowdiw und der Donauhafen Russe stellten den Betrieb ein.

Eisige Temperaturen bis zu minus 13 Grad und Sturm sorgten in Griechenland für Probleme. Inlandsflüge wurden gestrichen, die Fährverbindungen auf der Ägäis eingestellt, vielerorts fiel der Strom aus. Nahe der Insel Limnos geriet ein Frachter mit 17-köpfiger Besatzung in Seenot. In Mittelgriechenland nahe Larissa blieben Hunderte Autofahrer auf der vereisten Fahrbahn der Nationalstraße Athen-Thessaloniki stecken.