Münsterland: 90 000 Menschen die vierte Nacht ohne Elektrizität. In ihrer Not rücken die Menschen in Ochtrup zusammen. Warum Kühe am meisten leiden.

Ochtrup. Dreieinhalb Tage kein Strom. Kein E-Herd, keine Heizung, kein Warmwasser, kein Computer, kein Fernsehen. In ihrer Not rücken die Bewohner des münsterländischen Städtchens Ochtrup (20 000 Einwohner) eng zusammen.

"Die Nachbarschaftshilfe ist hervorragend", sagt Thomas Beuvink vom Malteser Hilfsdienst, einer von 4000 ehrenamtlichen Helfern. Mit "typisch westfälischer Gelassenheit" habe sich ein Großteil der Menschen mit dem Stromchaos abgefunden.

Im Notlager in der Stadthalle treffen sich alle, die einen heißen Kaffee, ein warmes Essen oder einfach nur ein paar wärmende Worte brauchen. Schlafen wollen die Ochtruper jedoch lieber in ihren Häusern, obwohl sich die Temperaturen dort dem Gefrierpunkt nähern. Für alle, denen die Kälte und Dunkelheit aufs Gemüt schlagen, hat der Malteser Hilfsdienst eine Notfallseelsorge eingerichtet.

Dem Pächter eines Ochtruper Supermarktes ist damit nicht geholfen: "Wir mußten unsere gesamte verderbliche Ware wegwerfen", klagt Leiterin Heike Hohlfeld, die ihre Kunden mit Batterien, Kerzen, Teelichten und Brötchen versorgt. "Unser Geschäft ist jetzt so etwas wie der erste Anlaufpunkt für die Leute."

Am meisten scheinen die Kühe zu leiden, die mit vollen Eutern darauf warten, daß die elektrischen Melkmaschinen wieder laufen. Landwirt Hermann Holtmannspötter: "Das Bölken im Stall wird immer lauter, die Unruhe immer größer." Der Grund für das Drama im Stall: "Die kurz gezüchteten Zitzen lassen sich gar nicht mehr von Hand melken."

Aber auch Helfer sind frustriert, klagen über das Chaos im Chaos. "Wir sind über 300 Kilometer angereist und stehen uns hier die Beine in den Bauch", sagt ein Feuerwehrmann aus dem Hochtaunuskreis. Einsatzleiter Norbert Fischer: "Erschreckend, wie wenig Kommunikation hier stattfindet. Unsere mitgebrachten Notstromaggregate stehen zum Teil ungenutzt herum."