PROZESS um möglichen Justizirrtum. Ehemann soll Polizistin fast erdrosselt haben. Er spricht von "Betrug".

Mannheim

HA

Andrea Z. (34) wird nie sagen können, wer sie 1997 beinahe umgebracht hätte. Die Polizistin wurde mit einem Schal stranguliert und erlitt durch Sauerstoffmangel einen schweren Hirnschaden. Als Täter wurde ihr getrennt lebender Ehemann Harry Wörz (39) verurteilt - elf Jahre Haft wegen versuchten Totschlags.

Ein Justizirrtum?

Gestern hat vor dem Landgericht Mannheim das mit Spannung erwartete Wiederaufnahmeverfahren begonnen. Wörz, ein Installateur und Bauzeichner aus Birkenfeld bei Pforzheim, stritt erneut alle Vorwürfe ab. Er war 2001 aus dem Gefängnis entlassen worden, obwohl das Mannheimer Landgericht zweimal eine Wiederaufnahme ablehnte. Schließlich entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe, den Fall neu aufzurollen.

Pikant: Zuvor waren die Opfer-Eltern mit dem Versuch gescheitert, 150 000 Euro Schadenersatz einzuklagen. Vielmehr übte das Zivilgericht scharfe Kritik an dem Urteil von 1998. Die Zivilkammer des Karlsruher Landgerichts fand "keine überzeugenden Indizien", daß Wörz der Täter ist. Der Vorsitzende Richter Wolf-Rüdiger Waetke rügte nicht nur das Strafgericht, sondern auch die Arbeit der Ermittler. "Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß in manchen Punkten nicht objektiv ermittelt wurde." Der Hintergrund: Nicht nur Andrea Z., sondern auch ihr Vater, der zur Tatzeit in ihrem Haus war, sowie ihr zeitweise unter Verdacht stehender Geliebter gehörten damals alle der Pforzheimer Polizei an.

Wörz behauptet, von der Kripo zu einem Geständnis (das er später widerrief) genötigt worden zu sein - und spricht von "Betrug". Die Beamten hätten gedroht, ihm eine zu "schießen", falls er das Protokoll nicht akzeptiere. Das Urteil beruhte auf Indizien: Polizisten hatten am Tatort abgerissene Fingerlinge von Einmalhandschuhen gefunden. Das Gericht ordnete sie nach einem DNA-Gutachten Wörz zu: Sie seien bei einem Kampf zerrissen worden.

Auch eine Plastiktüte auf der Kellertreppe wurde dem Angeklagten zugeordnet. Inhalt: zwei Zigarettenschachteln mit sieben Portionen Amphetaminen. Eine Packung war mit einem Kreuz versehen. Wörz behauptete schon damals, seine Frau habe dieselbe Marke wie er geraucht, illegale Drogen genommen und die Schachtel mit dem Rauschgift stets mit einem Kreuz markiert. Doch erst nach dem Urteil fand sich ein Zeuge, der diese Angewohnheit bestätigte.

Wörz, der vier Jahre und sieben Monate in Haft saß, beteuerte auch gestern sichtlich nervös seine Unschuld. In der Tatnacht sei er nicht bei seiner Frau, sondern allein zu Hause gewesen. Sein Verhältnis zu ihr - sie hatte sich ein Jahr vorher von ihm getrennt - beschrieb er als gut, auch wenn es Reibereien um seinen Kontakt zum gemeinsamen Sohn gegeben habe. Das Urteil wird am 15. Juli erwartet.