Kommentar

Folter ist ein Wort, das schlimmste Vorstellungen heraufbeschwört. Geschundene Menschen, mit Fäusten, Waffen, Elektroschocks gequält oder - wie in Bagdad - an Hundeketten vorgeführt. Daneben womöglich die dreist lachenden Folterknechte. Es ist die Erniedrigung des einen Menschen durch einen anderen. Quälerei, die in aufgeklärten, rechtsstaatlichen Gesellschaften keinen Platz hat.

Mit dem, was der damalige Frankfurter Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner tat, um dem inzwischen verurteilten Mörder Magnus Gäfgen das Versteck des entführten Jungen Jakob von Metzler zu entlocken, haben diese Vorstellungen nichts zu tun. Daschner ist keiner dieser Folterknechte, in deren Nähe ihn manche übereifrigen Menschenrechtler vielleicht rücken mögen.

In einer verzweifelten Situation, in der niemand stecken möchte, war Daschner bereit, einem kaltblütigen Mörder "Schmerzen zuzufügen" - um ein junges Menschenleben zu retten. Es kam, wie gestern vor Gericht deutlich wurde, nicht zu den Schmerzen und nicht einmal zu der Androhung.

In Deutschland reicht allein die Bereitschaft dazu jedoch für eine Anklage vor Gericht. Und das ist - trotz aller Sympathie für die ehrenwerten Motive Daschners - richtig so. Denn auch wer sich nur in den Dunstkreis eines Foltervorwurfes begibt, muß sich dafür verantworten. Daschner wird selbst gewußt haben, daß er sich mit seiner Anweisung auf einem schmalen Grat bewegt. Sonst hätte er nicht selbst eine Notiz von seinem Vorhaben angefertigt und damit die Ermittlungen in Gang gesetzt.

Der Begriff der Folter mag dafür zu hart klingen. Doch Folter ist nun mal selbst in ihren dünnsten Ausläufern indiskutabel. Folter bricht immer die Menschenwürde. Daschner hat mit seiner Anweisung die Grenze dazu berührt. Wie sehr - das wird jetzt das Gericht klären müssen.