In überragenden 19,32 Sekunden überflügelt Usain Bolt alle anderen Läufer und holt das Double. Jamaika feiert einen totalen Triumph im Finale.

London. Auf die Plätze, fertig, Lauf-Legende! Nach 19,32 Sekunden war Usain Bolt im Ziel aller Träume. Mit seinem historischen zweiten Olympia-Double hat der 25-Jährige sein Versprechen wahr gemacht und ist sogar am Leichtathletik-Riesen „King Carl“ Lewis vorbeigestürmt. Der bekannteste Jamaikaner nach Bob Marley gewann am Donnerstagabend in London nach den 100 Metern auch Gold auf seiner doppelt so langen Lieblingsstrecke – ein Novum in der Olympia- Geschichte. 112 Jahre dauerte es, bis ein Sprinter bei zwei Sommerspielen hintereinander sowohl die 100 als auch die 200 Meter gewann. Seit 1900 sind beide Strecken im olympischen Programm.

Bolts Landsmann und Trainingspartner Yohan Blake musste sich wie schon über 100 Meter mit Silber in 19,44 Sekunden begnügen. Aber Bolt musste auf der Zielgerade beißen, um seinen Vorsprung von zwölf Hundertstel ins Ziel zu retten. Beim Einlauf legte er nach einem Blick nach links auf Blake den Zeigefinger auf die Lippen. Dass er noch Kraft hatte, bewies er beim Jubeln: Er machte auf der Tartanbahn mehrere Liegestütze. Als Dritter komplettierte Warren Weir ins 19,84 Sekunden den totalen Triumph für die Sprinter aus Jamaika.

Bis zu 5000 Pfund (6700 Euro) hatten Fans laut Presseberichten für ein Ticket geboten, um den schnellsten Mann der Welt live siegen zu sehen. Unternehmen zahlen 100 000 Pfund (134 000 Euro) für eine Premium Lounge inklusive 20 Eintrittskarten und Betreuung. Beste Sicht auf die Rivalen der Rennbahn war garantiert.

Die 80 000 glücklichen Zuschauer, die eine Karte für den Showdown hatten, tobten schon, als der Startschuss fiel. Als Auto-Freak Bolt sich schnittig in die Kurve legte, dann den sechsten Gang einlegte und wieder einmal als Erster auf die Jubelrunde ging, war die Dezibel-Schmerzgrenze überschritten. Wie im Finale über 100 Meter, als Blitz-Bolt mit 41 Schritten auf den Olymp gestürmt und an seinem drei Jahre alten Weltrekord nur um fünf Hundertstel vorbeigeschrammt war, verpasste er eine Bestmarke wieder nur knapp. Zu seinem Weltrekord von 19,19 Sekunden fehlten diesmal 13 Hundertstel.

In London ist die Thronfrage in der B & B-Monarchie damit entschieden: Bolt ist der König, Blake bleibt der Kronprinz. Das Gefolge verneigte sich devot. Vielleicht haben Bolt die zwei Niederlagen gegen seinen drei Jahre jüngeren Kumpel Blake bei den nationalen Ausscheidungen zum gefeierten Doppelsieger gemacht: Bei den Trials hatte Blake seinen großen Rivalen zweimal besiegt. „Das war wie ein Weckruf für mich zur rechten Zeit“, sagte der jetzt fünfmalige Olympiasieger Bolt. „Da hat einer an meine Tür geklopft. Und da wusste ich, was die Stunde geschlagen hat.“

Endlich, werden Millionen Fans gedacht haben. Schließlich hatte es ihr Idol ja seit Monaten verkündet: Mit dem Doppel-Double wollte der Weltrekordler endgültig zur Sport-Legende werden. Nun hat der große Junge aus Trelawny im Nordwesten Jamaikas sogar Carl Lewis, den neunmaligen Olympiasieger aus den USA, überholt – zumindest mit seinem Coup auf den beiden Sprintsrecken. Bolt hat beide nun zweimal hintereinander gewonnen, Lewis fehlten 1988 in Seoul ganze vier Hundertstel zum zweiten 200-Meter-Gold.

Da staunte sogar Olympiasiegerin Heike Drechsler. Die ehemalige Weltklasse-Athletin im Weitsprung und Sprint zieht den Hut vor Bolt und traut dem Jamaikaner weitere Weltrekorde zu. „Der ist ja in so einer tollen Verfassung. Das ist ein Riesentalent, da stimmt einfach alles. Usain Bolt ist unglaublich!“, sagte Drechsler am Donnerstag. „Er hat noch nicht alles gezeigt“, meinte die 47-Jährige, „der gibt noch mal richtig Gas. Ich bin überzeugt, dass er die 100 Meter in 9,50 laufen kann.“

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(abendblatt.de/dpa)