Der Potsdamer wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Im Einer- und Zweier-Kajak gab es jeweils Bronze. Frauen-Vierer unterliegt nur Ungarn.

London. Triumphale Goldfahrt von Sebastian Brendel, Silber für den Vierer-Kajak der Frauen, Bronze für Max Hoff und Martin Hollstein/Andreas Ihle: Die Kanuten haben die deutsche Medaillenbilanz bei den Olympischen Spielen an ihrem ersten Finaltag kräftig aufpoliert.

Während der 24-jährige Brendel im Einer-Canadier sein erstes olympisches Gold aus dem Dorney Lake fischte, verpasste die zehn Jahre ältere Katrin Wagner-Augustin (Potsdam) die Krönung ihrer Karriere mit dem fünften Olympiasieg. Im Vierer mussten sich Wagner-Augustin, Carolin Leonhardt (Lampertheim), Franziska Weber (Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig) Weltmeister Ungarn nach 500 m geschlagen geben.

Brendel brüllte bei der Zieldurchfahrt seine Freude heraus, winkte ins Publikum und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. „Wahnsinn. Ich bin gut reingekommen und habe bei 250 Metern gemerkt, dass ich etwas mache. Ich konnte richtig locker über die Strecke gehen. Ich genieße den Triumph. Ich habe so viel geopfert“, sagte der Potsdamer, dem bei der Siegerehrung die Tränen in den Augen standen.

Vor dem Rennen hatte ihm seine Freundin aus der Heimat noch eine Siegesbotschaft von Tochter Hanna geschickt. „Das hat mich sehr motiviert“, sagte Brendel, dem bei der WM im vergangenen Jahr noch das Paddel gebrochen war. „Daran habe ich aber nicht mehr gedacht. Ich habe vorher mit dem Hersteller telefoniert“, fügte Brendel schmunzelnd an.

Mit seinem Sieg über die 1000-m-Distanz vor dem spanischen Vizeweltmeister David Cal Figueroa tritt er in die Fußstapfen des dreimaligen Canadier-Olympiasiegers Andreas Dittmer. „Das ist eine Genugtuung, für die harte Arbeit belohnt worden zu sein. Am Ende habe ich nur noch an die Fans zu Hause gedacht, wie sie gerade ausrasten“, sagte Brendel.

Seinen Olympiasieg nutzte er auch für offene Worte: Mehr Geld und forderte ein Umdenken im deutschen Hochleistungssport gefordert. „Es gibt auf jeden Fall bessere Förderungssysteme. Wenn wir wollen, dass der deutsche Sport in den nächsten Jahren erfolgreich ist, müssen wir mehr investieren“, sagte der Goldmedaillengewinner im Einer-Canadier am Dorney Lake.

„In den meisten Sportarten geht das nicht mehr, dass du nicht Profi bist“, ergänzte der 24-Jährige. Brendel selbst absolviert derzeit eine Ausbildung bei der Bundespolizei. Im vergangenen Jahr war er freigestellt, um sich auf die Spiele vorzubereiten. „Aber im September geht es weiter mit der Ausbildung. Ich hätte mir schon ein bisschen mehr Urlaub gewünscht“, sagte er lächelnd.

Im Kanu-Rennsport sieht Brendel vergleichsweise wenig Probleme. „Es ist ja alle vier Jahre so, dass die Kanuten den Medaillenspiegel nach oben drücken“, sagte er über die starke Zwischenbilanz. „Wir haben in Potsdam eine superstarke Trainingsgruppe und pushen uns gegenseitig. Das ist der Schlüssel zum Erfolg, dass alles zentriert ist. Das System greift“, sagte er.

Überglücklich über seine erste olympische Medaille war auch Max Hoff (Essen). Der Ex-Weltmeister musste sich nach einem starken Schlussspurt über 1000 m im Einer-Kajak nur dem WM-Dritten Eirik Veras Larsen (Norwegen) und Weltmeister Adam van Koeverden (Kanada) geschlagen geben. „Mit der Leistung bin ich nicht ganz zufrieden, aber mit der Medaille auf jeden Fall. Das ist der Lohn für die Arbeit. Die anderen beiden sind grandios gefahren“, sagte Hoff.

Die Peking-Olympiasieger Martin Hollstein/Andreas Ihle (Neubrandenburg/Magdeburg) drehten im Zweier-Kajak zwar ebenfalls am Ende mächtig auf, doch Rudolf Dombi/Roland Kokeny (Ungarn) und Fernando Pimenta/Emanuel Silva (Portugal) holten sie bei fairen Windbedingungen nicht mehr ein. (sid/abendblatt.de)