16 Tore bei Weltmeisterschaften: Miroslav Klose schießt Ronaldo von der Spitze. Dass sein Salto ausfiel, hatte einen einfachen Grund.

Belo Horizonte. Was war das für ein Karriereweg! Aus Polen, seinem Geburtsort Opole nach Deutschland, über die SG Blaubach-Diedelkopf, den 1. FC Kaiserslautern, Werder Bremen, Bayern München, Lazio Rom, über Tokio nach Belo Horizonte. Und dieser irre Weg führt den neuen WM-Rekordtorschützen Miroslav Klose, 36, jetzt ins Maracana-Stadion nach Rio de Janeiro zum Finale. Es ist Kloses zweites Endspiel nach 2002 in Japan.

Klose hat Ronaldo als Rekordmann abgelöst – so wie die deutsche Nationalmannschaft mit dem 7:1-Spektakel die Brasilianer als mythische Fußballmanschaft abgelöst hat. 16 Tore in WM-Spielen, da bekam Klose auch die Glückwünsche von Brasiliens Coach Luiz Felipe Scolari. Vergleichsweise lange stand er mit Klose nach dem Spiel zusammen und unterhielt sich.

Lesen Sie hier die Berichte zum historischen 7:1-Sieg

Jetzt hat er 136 Länderspiele und wird nur von Lothar Matthäus (150) übertroffen. Doch all das, die Rekorde, die Spektakel, das scheint Klose nicht mehr wichtig zu sein. Für ihn zählt der Titel. Deshalb war er nach dem Sieg auch so gefasst. Den Salto ließ er bewusst weg. „Ich habe einen Schlag auf den linken Fuß bekommen, da war ich nicht in der Lage für einen Salto“, sagte Klose im ZDF.

Beim 2:2 gegen Ghana hatte es schon eine beinahe verunglückte Flugeinlage von ihm in der Vorrunde gegeben. Der Torjäger lobte die ganze Mannschaft für die Gala-Vorstellung gegen Brasilien: „Wir haben super, super angefangen. Dass wir alle harmonieren können, zeigen wir im Training. Wir sind eine Einheit und zeigen dies auch auf dem Platz.“

Bundestrainer Joachim Löw lobte Klose: „Das ist eine überragende Leistung von ihm. Für ihn freut es mich am meisten.“ Auch Fifa-Präsident Joseph S. Blatter verneigte sich vor dem Goalgetter. „Hut ab, Miroslav Klose!“, schrieb er bei Twitter.

Dass Klose ausgerechnet durch einen Treffer gegen Brasilien alleiniger WM-Rekordtorschütze wurde und damit auch noch Ronaldo, der als Augenzeuge für das brasilianische Fernsehen im Stadion weilte, hinter sich ließ, interessierte den Angreifer von Lazio Rom in diesem historischen Moment nicht. „Das ist nicht das Wichtigste“, hatte Klose schon vor der Begegnung erklärt.

Gegen Brasilien spielte er wie immer: lauffreudig, immer anspielbar und den Gegner unter Druck setzend. 5,18 km lief Klose allein in den ersten 45 Minuten. In der 58. Minute wurde der Routinier ausgewechselt, für ihn kam André Schürrle. Und auch der traf gleich zweimal.

Am Sonntag möchte der Routinier in seinem 137. und letzten Länderspiel in Rio de Janeiro den WM-Thron besteigen – an mythischer Stätte. Klose freut sich auf die Rückkehr ins Maracana, „auch wenn das neue Stadion nicht mehr ganz so eine Ausstrahlung hat wie das alte vor dem Umbau“. Schon im Viertelfinale war die DFB-Auswahl dort gegen Frankreich erfolgreich (1:0).

Kloses zweiter Rekord ging am Dienstagabend fast unter. Als erster Profi bestritt der Torjäger sein viertes WM-Halbfinale. Er ist der einzige Spieler im Kader von Bundestrainer Joachim Löw, der bereits 2002 in der Runde der letzten vier gegen Südkorea (1:0) dabei war. Bei der Heim-WM 2006 gegen Italien (0:2 n.V.) und vor vier Jahren in Südafrika gegen Spanien (0:1) folgten allerdings Niederlagen. Jetzt hat Klose, der nun 71 Tore im Nationaltrikot erzielt hat, diese Bilanz ausgeglichen.

Ronaldo, der im WM-Finale 2002 beide Treffer gegen Deutschland erzielt hatte, nahm Kloses 16. WM-Tor, das er im Nachschuss gegen Torhüter Julio Cesar erzielte, gelassen hin. „Es macht mir keine Angst, den Rekord zu verlieren“, hatte die brasilianische Ikone vor dem Anpfiff erklärt: „Ich werde nicht leiden, wenn Klose ein Tor erzielen würde.“

Klose will nun in einer seiner Lieblingsstädte seine glanzvolle Karriere im Finale gegen Argentinien oder die Niederlande krönen. An der weltberühmten Copacabana hat er mit seiner Familie schon mehrmals den Urlaub verbracht. „Rio ist eine traumhafte Stadt. Die Jesus-Statue muss man ebenso gesehen haben wie den Zuckerhut oder den Tijuca-Regenwald“, schwärmte er von den vielen Sehenswürdigkeiten der Millionen-Metropole. Dass es sein letzten Länderspiel sein wird, daran denke er nicht, so Klose.

Statistik

Brasilien: Julio Cesar/Toronto FC (34 Jahre/86 Länderspiele) – Maicon/AS Rom (32/74), David Luiz/FC Chelsea (27/42), Dante/Bayern München (30/13), Marcelo/Real Madrid (26/37) – Luiz Gustavo/VfL Wolfsburg (26/24), Fernandinho/Manchester City (29/11) ab 46. Paulinho/Tottenham Hotspur (25/31) – Bernard/Schachtjor Donetsk (21/14), Oscar/FC Chelsea (22/37), Hulk/Zenit St. Petersburg (27/40) ab 46. Ramires/FC Chelsea (27/48) – Fred/Fluminense FC (30/39) ab 69. Willian/FC Chelsea (25/11). Trainer: Felipe Scolari

Deutschland: Neuer/Bayern München (28 Jahre/51 Länderspiele) – Lahm/Bayern München (30/112), Jerome Boateng/Bayern München (25/45), Hummels/Borussia Dortmund (25/35) ab 46. Mertesacker/FC Arsenal (29/103), Höwedes/Schalke 04 (26/27) – Schweinsteiger/Bayern München (29/107), Khedira/Real Madrid (27/51) ab 76. Draxler/Schalke 04 (20/12) – Thomas Müller/Bayern München (24/55), Toni Kroos/Bayern München (24/50), Özil/FC Arsenal (25/61) – Klose/Lazio Rom (36/136) ab 58. Schürrle/FC Chelsea (23/38) . Trainer: Löw

Schiedsrichter: Rodríguez (Mexiko)

Tore: 0:1 Müller (11.), 0:2 Klose (23.), 0:3 Kroos (25.), 0:4 Kroos (26.), 0:5 Khedira (29.), 0:6 Schürrle (69.), 0:7 Schürrle (79.), 1:7 Oscar (90.)

Zuschauer: 58.141

Beste Spieler: – Kroos, Müller, Neuer

Gelbe Karten: Dante -

Erweiterte Statistik (Quelle: impire):

Torschüsse: 18:15

Ecken: 6:5

Ballbesitz: 47:53 %