Der Ersatzkapitän des FC St. Pauli zeigt seine Stärken im Abstiegskampf. Dabei hatte sich Kalla zu Jahresbeginn auf der Bank wiedergefunden.

Hamburg. Jan-Philipp Kalla hatte entscheidenden Anteil. Einfach nur raus, dachte sich St. Paulis Aushilfs-Innenverteidiger womöglich in der 28. Minute, als er kurz hinter der Strafraumgrenze zum Befreiungsschlag ausgeholt und so die Vorlage für Daniel Ginczeks Führungstreffer gegen den FSV Frankfurt, dem ersten Tor der Hamburger aus dem Spiel heraus seit exakt 500 Minuten, gegeben hatte. "Alles so gewollt", sagte Kalla am Montag nach dem Studium der Fernsehbilder mit einem Grinsen: "Der Ginni weiß halt, wo er stehen muss."

Kallas erste Beteiligung an einem Tor seit knapp drei Jahren schien zufällig zustande gekommen zu sein - und doch hatte der 26-Jährige, der in Abwesenheit des verletzten Fabian Boll zum vierten Mal mit der Kapitänsbinde auflief, weitaus mehr Anteil an der vorläufigen Wende im Abstiegskampf. "Schnecke", wie sie ihn auf St. Pauli nennen, "hat sensationell gespielt, war ein richtiger Kapitän. Das hat mich stolz gemacht", sagte Sportchef Rachid Azzouzi. "Zu Hause am Millerntor mit der Binde - das kann schon ein, zwei Prozent mehr freisetzen", fand auch Kalla.

In der Tat hatte der introvertierte Profi in der ungewohnten Rolle als Innenverteidiger mit rigoroser Zweikampfführung, lautstarken Kommandos und guter Spieleröffnung als Führungsfigur geglänzt. Nur Dreifachtorschütze Ginczek gewann mehr Zweikämpfe, nur Florian Kringe spielte beim 3:0 mehr Pässe.

Dabei hatte sich Kalla nach 14 Startelfeinsätzen in den ersten 19 Partien zu Jahresbeginn auf der Bank wiedergefunden. Wie in der Vorsaison, als er nach überzeugender Hinrunde gar nicht mehr zum Einsatz kam, schien der gebürtige Hamburger in der Winterpause den Kampf um die Stammplätze verloren zu haben. "Da muss man ehrgeizig bleiben und auf seine Chance warten", hat Kalla gelernt. Beim 0:1 gegen Köln erhielt er sie als Rechtsverteidiger, nutzte sie aber zu selten.

Als Abwehrchef in der Zentrale, wo Kalla gegen Frankfurt die gesperrten Markus Thorandt und Florian Mohr vertrat, machte er seinen Stellenwert auf dem Platz dann deutlich. Denn innerhalb der Mannschaft ist St. Paulis Eigengewächs ohnehin längst zur Führungsfigur gereift.

Als Kassenwart und Teil des Mannschaftsrats nimmt Kalla wichtige Funktionen ein, ist Ansprechpartner für die jungen Profis. Seit 2003 ist er bei St. Pauli - und nach den Abgängen von Publikumslieblingen wie Fabio Morena und Marcel Eger mehr denn je Aushängeschild des Kiezclubs. Dass Kalla in seiner achten Profisaison Ersatzkapitän wurde, unterstreicht seine Rolle. "Davon träumt man als kleiner Junge", sagt er. "Ich war bereits im Juniorenbereich Kapitän, aber vor über 25.000 Fans, das ist noch mal etwas anderes."

Die Rolle als Innenverteidiger wird er schon am Sonntag in Aalen abgeben, wenn Thorandt und Mohr zurückkehren. "Schnecke hat seine Sache auf der rechten Seite ja auch gut gemacht", stellte Trainer Michael Frontzeck seiner Führungsfigur dennoch einen Platz in der ersten Elf in Aussicht.