Ein Schiedsrichterfehler kostet St. Pauli zwei Punkte und Abwehrchef Thorandt. Trainer Frontzeck sucht für das Spiel gegen Hertha BSC Ersatz.

Hamburg. Auch am Morgen nach dem 1:1 gegen den VfL Bochum war der Ärger noch nicht verraucht. Enttäuschung, Frust und auch eine große Portion Unverständnis beim FC St. Pauli, der die Westfalen über weite Strecken dominiert, es trotz des deutlichen Chanceplus aber nur zu einem Treffer geschafft hatte. Ein Malus, der angesichts der guten Defensivleistung eine Randnotiz geblieben wäre, hätte Schiedsrichter Christian Dingert mit einer Fehlentscheidung nicht den Ausgleich ermöglicht.

Das Unvermögen anderer sowie eigenes Pech brachten die Hamburger in der 55. Minute um den verdienten Lohn: Zunächst bewertete der Unparteiische einen Zweikampf zwischen Markus Thorandt und Bochums Angreifer Kevin Scheidhauer fälschlicherweise als Foulspiel von St. Paulis Abwehrchef, dann scheiterte Bochums Kapitän Christoph Dabrowski nach eigener Aussage beim Versuch, den in den Strafraum getretenen Freistoß durchzulassen, und beförderte ihn stattdessen unfreiwillig ins Netz. "Das ist natürlich doppelt bitter. Uns gelingt so ein Dreckstor momentan nicht", stellte Thorandt zähneknirschend fest.

Bereits unmittelbar nach dem folgenreichen Pfiff hatte der 31-Jährige den Unparteiischen mit Nachdruck auf seinen Fehler aufmerksam gemacht. Thorandts Frage, weshalb Dingert aus mehr als 20 Meter Entfernung zu der Entscheidung gelangt sei, während der nur drei Meter vom Tatort postierte Assistent seine Fahne unten gelassen habe, beantwortete der Schiedsrichter mit der Gelben Karte und machte das braun-weiße Unglück perfekt. Es war Thorandts fünfte Verwarnung. Der einzige Feldspieler, der in dieser Serie noch keine Pflichtspielminute verpasste, fehlt gesperrt. "Ich kenne den Torre jetzt ja auch schon ein bisschen, und ein erfahrener Spieler sollte das Recht haben, seine Meinung zu sagen. Da erwarte ich bei den Schiedsrichtern dieses gewisse Fingerspitzengefühl", so Michael Frontzeck. Erst der Pfiff, dann die Karte: "Da wird es irgendwann komisch!"

Der Verlust des Leistungsträgers wiegt ohnehin schwer, mit Blick auf den Spielplan - St. Pauli tritt am Montag beim Aufstiegsfavoriten Hertha BSC an - aber besonders, und sorgt angesichts der Personalengpässe in der Defensive für eine dramatische Verschärfung der Lage. Mit Christopher Avevor konnte Frontzeck gestern nur noch einen einsatzfähigen Innenverteidiger begrüßen. "Wir sind relativ schmal besetzt, was den hinteren Bereich angeht", weiß der Trainer, der seinen Kader nach möglichen Alternativen durchforstet: "Wir haben jetzt sechs Tage Zeit, nach Ersatz zu suchen. Schnecke Kalla ist beispielsweise gelernter Innenverteidiger, der ist im Abwehrzentrum groß geworden", deutet Frontzeck eine Rochade mit dem Rechtsverteidiger an, die das Problem dann aber auf die Außenbahn verlagern würde. Auch hier stünden keine echten Alternativen bereit, da Avevor im Zentrum und Kringe als Vertreter von Fabian Boll im Mittelfeld unverzichtbar sind. Der Kapitän reist heute wegen seiner vom Rücken bis ins Bein ausstrahlenden Schmerzen nach München zu Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.

Und so hofft Frontzeck bei der Fahndung nach dem zweiten Innenverteidiger vor allem auf gute Besserung. "Ich gehe erst mal positiv an die Sache heran und hoffe, dass die Zeit bis Montag für Florian Mohr reicht. Es ist im Bereich des Möglichen, dass er spielen kann." Auch Dennis Daube und Florian Bruns, zwei Optionen für das defensive Mittelfeld, werden am Donnerstag im Training zurückerwartet.