Mit Max Kruse verlor der FC St. Pauli im Sommer seinen torgefährlichsten Spieler. Ein Abgang mit sichtbar schweren Folgen für die Offensive.

Hamburg. Die ersten zwei Pflichtspiele sind absolviert, die Freude ist groß. Max Kruse macht beim SC Freiburg dort weiter, wo er nach 13 Toren und acht Vorlagen 2011/2012 beim FC St. Pauli aufgehört hatte. Zwei Tore, eine Vorarbeit - der 24-Jährige war bislang an allen drei Treffern des Bundesligisten direkt beteiligt. Seine ehemaligen Hamburger Kollegen brachten es ohne ihn in den ersten drei Ligaspielen auf ein Tor, erzielt von Innenverteidiger Florian Mohr nach einem Eckball.

Den Hamburgern geht derzeit die Torgefahr ab. Beim 0:0 in Aue und 1:1 gegen Ingolstadt ließen die Angreifer beste Gelegenheiten aus, in Cottbus gab es gar keine mehr. "Uns fehlt es an Durchsetzungsfähigkeit, Zug zum Tor und der Torgefahr aus dem Mittelfeld. Das Problem hatte sich bereits in der vergangenen Rückrunde gezeigt, als Max eine kleine Formkrise hatte", hat auch André Schubert einen Zusammenhang zwischen Kruse und St. Paulis Torquote erkannt. Minimaler Ertrag ohne Max, obwohl der Trainer die Gefahr früh erkannt, sich der Problematik angenommen und den Entschluss gefasst hatte, die Bürde fortan auf mehrere Schultern zu verteilen.

+++St. Pauli in Cottbus am Tiefpunkt+++

Schubert besetzte Kruses Rolle im Zentrum hinter der einzigen Angriffspitze nicht neu, modifizierte stattdessen zur Freude der Angreifer das System von 4-2-3-1 auf 4-4-2. Ohne Erfolg: Die Mannschaft hat die Umstellung bislang nicht geschafft, Automatismen greifen nicht, Lauf- und Passwege wirken zufällig. Mangelnde Verlässlichkeit, die Verunsicherung bewirkt hat. "Natürlich ist das jetzt alles etwas anders", sagt Fin Bartels, "es passt insgesamt noch nicht so, wir müssen uns da als Mannschaft noch finden." Auch Kruses ehemals kongenialer Partner läuft seinem eigenen Anspruch auf der offensiven Außenbahn hinterher. "Ich erwarte ja von mir selber viel mehr, aber ich erhalte viel weniger Bälle, komme kaum in Situationen, in denen ich Druck ausüben kann. Wir kommen auf beiden Seiten noch nicht in die Tiefe."

Wie ein 4-4-2-Schema interpretiert werden muss, dokumentierte den überforderten Hamburgern am Sonnabend Energie Cottbus. Adlung und Farina wirbelten auf den Flanken, schufen in hohem Tempo zahlreiche Gefahrensituationen. Das Duo belieferte die Angreifer im Strafraum, legte auf die nachrückenden Sechser Banovic oder Kruska zurück und suchte aus den Halbpositionen selbst den Abschluss. "Klar, die haben das gut gemacht, aber da haben die Stürmer auch gut die Bälle im Zentrum festgemacht. Dann kann man das gut spielen", sagt Bartels, der sich Gedanken macht: "Ich bin keiner, der viel sabbelt. Aber ich bin jetzt im dritten Jahr hier und muss vielleicht selbst mal Zeichen setzen. Jeder von uns muss mehr tun. Das Problem nur an Max' Weggang festzumachen, wäre falsch."

Dabei ist es gerade Bartels, der einen Mitspieler wie Kruse dringend benötigt. "Fin hat kein gutes Fintendribbling, aber ein ausgezeichnetes Tempodribbling", sagt Schubert, "und er ist für jeden Außenverteidiger der Liga unangenehm zu spielen, wenn er mit seinen Läufen in die Tiefe seine Stärken einbringt." Ja, wenn ... Doch die Pässe, mit denen Bartels von Kruse zentimetergenau auf die Reise geschickt wurde, bleiben aus. Bartels wartet vergeblich auf die Flanken der Kollegen. "Wir haben Spieler, die ähnliche Anlagen wie Max haben, Lenny Thy oder auch Daniel Ginczek", sagt Schubert und blickt nach vorn: "Das sind junge Leute, da müssen wir Geduld haben. Den fertigen Max Kruse können wir uns nicht leisten, den müssen wir entwickeln."