Die TSG 1899 toppt den HSV: Kein anderer Club hat so viele Streichkandidaten degradiert wie der Emporkömmling aus Sinsheim. Tesches Berater kritisiert das Vorgehen in Hamburg.

Hamburg. Für 90 Minuten durften sich Gojko Kacar und Robert Tesche am Donnerstagvormittag mal wieder wie das fühlen, was sie eigentlich auch sind: Fußballprofis. Gleich acht Kameras übertrugen das Testspiel der HSV-Reserve gegen den indonesischen Club Pro Duta live nach Asien, knapp 80 Zuschauer, darunter auch HSV-Cheftrainer Thorsten Fink, seine Gattin Silke sowie Co-Trainer Roger Stilz waren vor Ort, und auch der eine oder andere Spielerberater ließ sich am Trainingsplatz neben der Imtech-Arena blicken. „Es war ein guter Test, jedes Spiel bringt mich weiter“, bilanzierte Kacar nach der Partie, die das U23-Team des HSV verdient mit 4:0 gewinnen konnte.

Wirklich glücklich wirkte Kacar nach dem Erfolg gegen die Indonesier aber nicht. Ihm gehe es den Umständen entsprechend, sagte der Serbe, er wolle doch eigentlich nur Fußball spielen. Doch genau das ist der Haken an der Geschichte, denn wenn am Sonnabend die HSV-Profis in ihrem ersten Heimspiel der neuen Saison vor mehr als 50.000 Zuschauern in der Arena gleich nebenan spielen, dürfen die aussortierten Kacar, Tesche, Paul Scharner, Slobodan Rajkovic und Michael Mancienne auf der einen sowie Tim Wiese, Eren Derdiyok, Edson Braafheid, Matthieu Delpierre, Tobias Weis und Matthias Jaissle auf der anderen Seite nur zuschauen. HSV gegen Hoffenheim, das ist auch das Duell der Super-Aussortierer.

„In der Bundesliga leben wir in der ultimativen Leistungsgesellschaft“, hatte HSV-Vorstand Joachim Hilke bereits vor Wochen erklärt, „es werden sehr hohe Gehälter gezahlt, mit denen dann auch unangenehme Entscheidungen ein Stück weit abgedeckt sind.“ Die Frage, die nach all den Wochen aber noch nicht beantwortet wurde, ist die, ob sich die unangenehmen Entscheidungen gegen die öffentlich zu Streichkandidaten erklärten Profis für die Vereine überhaupt ausgezahlt haben. Zur Erinnerung: Beim HSV ist Marcus Berg bislang der einzige Aussortierte, der – mit einer lukrativen Abfindung im Gepäck – den Verein gewechselt hat.

„Ich kann nicht so ganz verstehen, warum man die Profis nicht einfach im Schaufenster der ersten Mannschaft gelassen hat“, sagt Tesches Berater Roland Kopp. So würde es doch nun viel schwieriger werden, die Spieler zu vermitteln, zudem sei die Entscheidung menschlich zumindest fragwürdig: „Ich bin jetzt plötzlich nicht nur als Berater gefragt, sondern auch als Psychologe.“

Scharners Agent Valentin Hobel sieht es ähnlich: „Natürlich kann man das Gehalt der degradierten Profis als entsprechendes Schmerzensgeld titulieren, aber den meisten geht es doch viel mehr darum, dass sie endlich wieder Fußball spielen wollen.“ Anders als Tesche und Kacar, die bereits seit sechs Wochen bei der U23 mittrainieren, werde sein Mandant diesen aus seiner Sicht unwürdigen Schritt aber auf keinen Fall mitgehen: „Eher werden wir klagen.“ Dass es so weit tatsächlich kommt, glaubt Hobel nicht: „Am Montag gibt es eine Vorstandssitzung beim HSV, dann wird es voraussichtlich eine endgültige Einigung geben.“ Im Gespräch ist eine Abfindung im sechsstelligen Bereich.

Selbst bei Hoffenheim, wo Mäzen Dietmar Hopp das Sagen hat, sitzt das Geld nicht mehr locker. Als beispielsweise Derdiyok, mit dem sich auch HSV-Trainer Fink getroffen hatte, nach Frankfurt hätte wechseln können, konnten sich die Clubs auf keine Ablöse einigen. Somit muss der Schweizer weiter in der „Trainingsgruppe 2“ trainieren, die am Mittwoch den Kreisligisten SSV Dillingen mit 19:0 schlagen konnte. Selbst der mit vier Millionen Euro bestbezahlte Reservist Wiese durfte sich dabei als Torschütze feiern lassen.

Glaubt man Kacar, dann spielt Geld für den Serben nur noch eine untergeordnete Rolle. „Ich will wieder spielen. Dafür würde ich auf Geld verzichten, solange die Perspektive stimmt“, sagt der Defensivspieler, der sich die Partie seiner früheren Kollegen gegen Hoffenheim nicht ansehen will. „Das würde mir zu sehr weh tun“, sagt er.