Vor dem Duell mit seinem Ex-Klub spricht Zé Roberto über Fink, van der Vaart und Europa. Auch die Nationalmannschaft ist ein Thema.

Hamburg/Porto Alegre. Sosehr sich der eine oder andere Hamburger schon jetzt vor den Strapazen am kommenden Wochenende rund um den lukrativen Kurztrip des HSV nach Porto Alegre grault, so sehr freut sich Zé Roberto auf ein Wiedersehen mit seinem Ex-Klub. Der Brasilianer spielt mittlerweile bei Grêmio, verfolgt seinen früheren Verein aber immer noch intensiv. Vor dem Eröffnungsspiel des neuen Stadions in Porto Alegre, für das der HSV 825 000 Euro kassiert, sprach Zé Roberto mit dem Abendblatt.

Hamburger Abendblatt: Senhor Zé Roberto, am kommenden Wochenende spielen Sie mit Grêmio Porto Alegre gegen Ihren Ex-Klub HSV. Welchen Ex-Kollegen haben Sie sich zum obligatorischen Trikottausch nach dem Spiel ausgeguckt?

Zé Roberto: Ich werde mein Trikot mit Sicherheit mit Tomas Rincon tauschen. Er ist ein richtig guter Freund in meiner Zeit beim HSV geworden, über Facebook und Twitter haben wir immer noch regelmäßigen Kontakt.

Ihr Kontakt zum HSV ist also noch nicht abgerissen?

Zé Roberto: Der HSV wird immer in meinem Herzen bleiben, aber ansonsten habe ich nicht mehr viel Kontakt nach Hamburg. Nur mit Zeugwart Mario Mosa tausche ich mich am Handy noch aus, grüßen Sie ihn herzlich!

Auch Thorsten Fink dürften Sie bestens in Erinnerung haben.

Zé Roberto: Das stimmt. Wir haben noch ein Jahr gemeinsam bei den Bayern gespielt - und schon damals war mir klar, dass er mal Trainer werden würde. Er hat nicht viel gespielt, war aber trotzdem immer eine Respektsperson bei uns in der Kabine. Für den HSV ist er ein echter Glücksgriff.

Sie standen mit dem HSV im Europa-League-Halbfinale und spielten um den Einzug ins internationale Geschäft. Hat Sie die negative Entwicklung des HSV nach Ihrem Weggang überrascht?

Zé Roberto: Nicht wirklich. Mir war klar, dass es für den Klub schwer werden würde, nachdem sich die Verantwortlichen dafür entschieden haben, fast alle erfahrenen Spieler abzugeben. Ein Umbruch war wohl wirklich nötig, aber nur mit jungen Spielern kann man in der Bundesliga natürlich auch nicht bestehen. Deswegen muss der Klub nun auch die Konsequenzen tragen.

Mit der Verpflichtung von Rafael van der Vaart hat der Verein kurz vor Ende des Transferschlusses auf die Notbremse getreten. Reicht das?

Zé Roberto: Rafael van der Vaart ist ein fantastischer Spieler, der dem HSV sehr helfen wird. Aber er alleine kann es auch nicht richten. Er bräuchte die Unterstützung von einem oder zwei weiteren Topstars. Dann hätte der HSV mit ihm und auch René Adler eine wirklich gute Mannschaft. Ich würde den Verantwortlichen empfehlen, schon im Winter neue Profis zu holen.

Kann der HSV nach dem doppelten Umbruch in den vergangenen zwei Jahren mittelfristig wieder um einen internationalen Startplatz spielen?

Zé Roberto: Das wird nur dann möglich sein, wenn sich der Verein qualitativ verstärkt. Der HSV war immer ein Verein, gegen den kein Bundesligaklub gern gespielt hat. Ich würde mir wünschen, dass genau das bald wieder so sein wird, obwohl nicht mehr so viel Geld wie früher zur Verfügung steht.

Nach dem Südkorea-Kurztrip im Sommer fliegt der HSV nun für 48 Stunden nach Brasilien, um ein paar Euro extra zu verdienen. Sind Sie froh, dass Ihnen derartige Strapazen erspart wurden?

Zé Roberto: Das alles zeigt doch nur, wie schwer es für den einen oder anderen Klub in Europa momentan ist. Die Wirtschaftskrise in Europa hat auch vor dem Fußball nicht haltgemacht.

Vermissen Sie trotzdem Deutschland?

Zé Roberto: Und wie. Besonders meine Frau vermisst unser Leben in Deutschland sehr. Letztens haben wir noch ein paar alte Kisten aus Hamburg zugeschickt bekommen, da musste sie sogar weinen. Insgesamt haben wir zwölf Jahre in Deutschland gelebt, meine Kinder wurden in Deutschland geboren. Da ist es doch ganz normal, dass wir uns auch ein bisschen als Deutsche fühlen.

Wie verfolgen Sie die Bundesliga?

Zé Roberto: Ich schaue mir jedes Wochenende das Topspiel der Bundesliga bei ESPN Brasil an. Meistens wird ein Spiel der Bayern übertragen.

Kann Ihr alter Verein in dieser Saison überhaupt noch aufgehalten werden?

Zé Roberto: Die anderen Bundesligaklubs bekommen gerade den Zorn der Bayern zu spüren, weil sie zwei Jahre in Folge keinen Titel gewonnen haben. Ich bin mir sicher, dass Bayern sogar beste Chancen hat, endlich mal wieder die Champions League zu gewinnen.

Sind die Bayern so stark wie nie zuvor?

Zé Roberto: Das kann schon sein. In dieser Saison haben sie gleich zwei gleichwertige Top-Mannschaften zur Verfügung. Schauen Sie sich doch nur den Sturm an: Wenn Gomez verletzt ist, dann spielen Mandzukic oder Pizarro. Das ist unglaublich. Ich glaube, dass es die besten Bayern aller Zeiten sind.

Nach Ihrem kurzen Intermezzo in der Wüste spielen Sie seit Januar sehr erfolgreich bei Grêmio Porto Alegre. Wollen Sie Ihren im Winter auslaufenden Vertrag noch mal verlängern?

Zé Roberto: Endgültig habe ich mich noch nicht entschieden, aber ich denke schon, dass ich noch mal ein oder zwei Jahre dranhängen werde.

Die Fans hoffen, dass Sie für zwei Jahre verlängern, dann wären Sie 40 Jahre alt. Wie lange wollen Sie noch spielen?

Zé Roberto: Spätestens dann ist Schluss, das verspreche ich. Aber ich muss zugeben, dass es mir wohl schwerfallen wird. Kürzlich hat das ganze Stadion im Rhythmus gerufen: "Bleib, Zé, bleib!" Da habe ich eine Gänsehaut bekommen. In solchen Momenten ist es hart, an das Karriereende zu denken.

Wissen Sie schon, was Sie nach Ihrer Karriere als Fußballer machen wollen?

Zé Roberto: Es gibt einige Optionen, aber ich habe mich noch nicht entschieden. Ich weiß ja noch nicht mal, ob ich später in Brasilien oder in Deutschland leben werde. Vielleicht werde ich ja Brasilienscout für Bayern oder auch den HSV. Mit beiden Klubs habe ich schon mal darüber gesprochen, aber noch habe ich ja ein bisschen Zeit.

Einige brasilianische Zeitungen haben sogar über Ihre Rückkehr in die Seleção rechtzeitig vor der WM in Brasilien spekuliert. War das ein Spaß?

Zé Roberto: Nein, einige Journalisten in Brasilien meinten das wirklich ernst. Dabei muss man wissen, dass unser Nationalteam gerade in einer sehr schwierigen Phase ist. Ich habe eine ganz gute Saison gespielt, und nun glaubte der eine oder andere, dass ich der Seleção helfen könnte. Ich selbst verschwende daran aber keinen Gedanken.

Sie könnten der älteste Weltmeister aller Zeiten werden.

Zé Roberto: Der Gedanke klingt reizvoll, aber irgendwann muss Schluss sein.