Nach der gefährlichen Pyroaktion der HSV-Anhänger in Düsseldorf appelliert der Vorstand an die Fans, die Täter zu melden.

Düsseldorf/Hamburg. Der Alarm gellte am Sonnabendmorgen um 4:30 Uhr durch das noble Düsseldorfer Hilton-Hotel. Alle Gäste, unter ihnen die Delegation des HSV, mussten ihre Zimmer für eine Stunde verlassen. Drei HSV-Fans hatten den Alarm ausgelöst, indem sie einen Feuerlöscher betätigten und Pulver austrat. Die bösartige Störung der Nachtruhe passte ins Bild eines aus Hamburger Sicht völlig missratenen Abends. Das Spiel beim Aufsteiger Fortuna mit 0:2 verloren, den besten Spieler mit Rafael van der Vaart über Wochen eingebüßt - und ein echtes Feuer, das das DFB-Sportgericht wohl noch intensiv beschäftigen wird.

Was war geschehen? Beim Einlaufen der Mannschaften hatten mehrere maskierte HSV-Anhänger Leuchtfackeln, sogenannte Bengalos, abgebrannt. Dies ist zwar streng verboten, dennoch gehört die Pyroshow vor allem bei Auswärtsspielen des HSV beinahe schon zum Liga-Alltag.

An diesem Abend ging die Zündelei allerdings gründlich schief. Die Fackeln entflammten mehrere Banner, unter anderem die große Flagge der Ultragruppierung "Chosen Few". Feuerwehrkräfte eilten herbei, um den Brand zu löschen. Unter den Hohngesängen der Fortuna-Fans ("Ihr seid zu blöd") stapften viele HSV-Anhänger für einige Minuten entsetzt aus ihrem Block, nach Augenzeugenberichten zum Teil mit Tränen in den Augen ob des Verlustes ihrer geliebten Fahne.

Dass es ansonsten nur bei kleineren Brandverletzungen blieb, war wohl nur dem Eingreifen der Feuerwehr zu verdanken. Bengalos gelten als extrem gefährlich, mit Wasser sind sie nicht zu löschen und auch im abgebrannten Zustand noch glühend heiß. "Wäre es nicht eine Fahne, sondern eine Jacke oder ein Trikot gewesen, möchte ich nicht wissen, was passiert wäre", sagte der entsetzte HSV-Vorstand Joachim Hilke bei der Videotalkrunde "Matz ab".

Für die HSV-Führung ist der Vorfall besonders bitter. Schließlich hatte sich die Chefetage, allen voran Mitgliedervorstand Oliver Scheel, immer wieder für die Belange der Fans eingesetzt. So lehnt der Klub auch das umstrittene Sicherheitspapier der Deutschen Fußball Liga (DFL) in der jetzt vorliegenden Version ab. Hilke: "Wir haben uns für Fanpositionen starkgemacht. Aber das ist beschämend."

Die Zeche zahlen wird der Klub. Experten rechnen zumindest mit einer hohen Geldstrafe, schließlich gilt der HSV als Wiederholungstäter. Auch eine Auswärtssperre ist möglich, der HSV dürfte dann für ein Spiel in der Fremde keine Tickets an eigene Fans abgeben.

Aufkommen müssen für den Schaden, das machte Klubchef Carl Jarchow gestern unmissverständlich klar, die Übeltäter: "Ich habe gehört, dass man einige Menschen, die gezündelt haben, identifizieren konnte, weil sie wegen der Hitze ihre Masken abnehmen mussten. Wenn das so ist, werden wir gegen diese Personen vorgehen."

In den einschlägigen Internetforen löste die Pyroaktion heftige Diskussionen aus. "Muss erst einer sterben, damit Ihr zur Vernunft kommt", schreibt ein HSV-Fan. Andere kommentieren dagegen wechselweise mit "Pyro ist geil" oder "Pyro ist kein Verbrechen". Die Mehrheit kritisiert jedoch die Bengalo-Zündler. Auf die Vernunft baut auch Ralf Bednarek, Vorsitzender des einflussreichen Supporters Clubs: "Ich glaube und hoffe, dass das lehrreich war. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich das Thema Pyrotechnik erledigt hat." In einer Stellungnahme erklärte die Leitung der HSV-Abteilung: "Wir fordern (...) besonders die Fans, die das Abbrennen von Pyrotechnik unterstützen, auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und Regeln so lange zu akzeptieren, so lange sie gelten." Viele Fans kämpfen dafür, das kontrollierte Abbrennen von Bengalos zu erlauben. DFL und DFB lehnen dies jedoch mit Verweis auf die Gesetzeslage strikt ab.

Hilke sieht nur einen Weg: "Die Jungs, die danebenstehen, müssen sagen: 'Der war's, holt ihn hier raus, ihr macht unseren Sport kaputt.' Dann bin ich bereit, weiter zu kämpfen. Das ist unser größtes Problem, dass wir die Leute nicht dingfest machen können."

Ungeachtet dieser Debatte werden weite Teile der Fanszene ihren Widerstand gegen das Sicherheitspapier verstärken. Gestern Abend luden die Ultras von "Chosen Few" und "Poptown" zu einer Informationsveranstaltung im Fanhaus an der Stresemannstraße. Schon im Heimspiel gegen Schalke am Dienstag wollen die HSV-Fans wie auch Anhänger anderer Klubs die ersten zwölf Minuten und zwölf Sekunden - eine Anspielung auf den 12. Dezember, dann will die DFL das Sicherheitspapier verabschieden - schweigen.