HSV-Spielmacher verletzt sich. Nach desolater Leistung verloren die Hamburger mit 0:2. Nobelhotel in der Nacht evakuiert.

Düsseldorf. Er wirkte deprimiert, richtig deprimiert, als er in die Katakomben der Düsseldorfer Arena stapfte. "Noch mehr als die Niederlage schmerzt meine Verletzung", sagte Rafael van der Vaart. Der beste Spieler des HSV wird wohl mit einem vermuteten Muskelfaseriss im hinteren rechten Oberschenkel für den Rest der Hinrunde ausfallen. "Es fühlt sich nicht gut an", meinte der Niederländer. Und wie sehr dem HSV sein Spielmacher fehlen wird, zeigte sich bereits am Freitagabend in den gut 60 Minuten ohne van der Vaart. Nach einer trostlosen Vorstellung unterlag der HSV verdient mit 0:2 (0:1) bei einem nur kämpferisch starken Aufsteiger. Es war er erste Bundesliga-Heimsieg der Fortuna seit 15 Jahren.

Schon in der 22. Minute hatte sich der 29-Jährige nach einem Luftduell mit Torhüter Fabian Giefer ans rechte Bein gefasst. "Der Torwart hat im Zweikampf mit van der Vaart nachgetreten", urteilte der frühere Hamburger und Düsseldorfer Trainer Alex Ristic, "wenn der Schiedsrichter daneben gestanden hätte, hätte er sicherlich Rot gegeben."

Doch Schiedsrichter Peter Gagelmann reagierte nicht. Und acht Minuten später sackte van der Vaart bei einem Sprint plötzlich ohne gegnerische Einwirkung zusammen und deutete sofort an, dass er ausgewechselt werden müsse. Die erste Diagnose: Muskelfaserriss im hinteren rechten Oberschenkel. Die Hinrunde könnte für den Spielmacher des HSV damit gelaufen sein. Ein großer Schock!

Am Montag soll eine Untersuchung im Kernspintomographen nähere Erkenntnis bringen. Offenbar soll Tolgay Arslan van der Vaart gegen Schalke ersetzen. Rincon würde dann ins Team rücken.

Grausam war aber auch, was das HSV-Team in der ersten Halbzeit bot. Gegen einen spürbar verunsicherten Gegner - die Fortuna holte zuvor zu Hause nur zwei Punkte aus sieben Spielen - kontrollierte der HSV zwar das Geschehen, blieb aber vor dem Tor erschreckend harmlos. Weder der indisponierte Marcus Berg, der den Vorzug vor Artjoms Rudnevs erhielt, noch Maximilian Beister an alter Wirkungsstätte oder Heung Min Son konnten sich Torchancen erspielen. Mit zunehmender Dauer schlichen sich darüber hinaus eine Vielzahl an Fehlern in das Aufbauspiel ein Die Zuschauer in der ausverkauften Esprit-Arena mussten sich angesichts des Fehlpass-Festivals in die Vorsaison zurückgebeamt fühlen. Was beide Mannschaften boten, war allenfalls Zweitliga-Fußball. Gefährlich wurde es vor dem Fortuna-Tor erst kurz vor der Pause. Erst stand Michael Mancienne im Abseits, als er den Ball nach einem Aogo-Freistoß und einer Kopfballverlängerung von Berg über die Linie drückte (41.), dann scheiterte Beister mit seinem Schuss aus 17 Metern, der noch von van den Bergh abgefälscht wurde, knapp (44.).

Der Aufsteiger, der wie erwartet kompakt und tief stand, versuchte sein Glück mit Kontern. Die für eine Heimmannschaft wenig attraktive, aber sinnvolle Taktik wurde in der Nachspielzeit belohnt. Als sich Son einen Ballverlust gegen Juanan-G. Fernandez leistete, spielte Andreas Lambertz Robbie Kruse auf links frei, dessen Schuss von Mancienne unhaltbar für Adler abgefälscht im Tor landete.

Der negative Höhepunkt einer schlimmen ersten Hälfte, zu der auch einige HSV-Fans ihren Beitrag leisteten. Vor dem Anpfiff wurden wieder Bengalos gezündet, die eine HSV-Fahne in Brand steckten. Die Feuerwehr musste anrücken und die Flammen löschen, das Spiel konnte erst mit Verspätung beginnen. Dem HSV droht nun nicht nur eine Geldstrafe, sondern womöglich eine härtere Buße, etwa eine Auswärtssperre, also eine Partie ohne eigene Anhänger. Unangenehm fiel auch Tomas Rincon auf, der für van der Vaart ins Spiel kam und sich einen Ellenbogenschlag gegen Lambertz leistete, der mit einer blutenden Wunde kurze Zeit vom Platz musste (34.).

Immerhin: In der zweiten Halbzeit war zunächst das Bemühen des HSV deutlich erkennbar, die negativen Erlebnisse vor der Pause vergessen zu machen. Von nun an spielte sich das Geschehen fast nur vor dem Strafraum der Düsseldorfer ab, und nach 54 Minuten traf Heiko Westermann per abgefälschten Freistoß zum Ausgleich - dachten alle. Doch zuvor hatte Berg Lambertz gefoult, Schiedsrichter Gagelmann gab das Tor zu Recht nicht. Symptomatisch für den Schweden: Er ist nicht nur die personifizierte Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor, sondern verhindert jetzt sogar eigene Treffer.

Die nächste Gelegenheit, auf den Anstoßpunkt zu zeigen, hatte Gagelmann dafür in der 63. Minute, weil der eingewechselte Stefan Reisinger den HSV-Verantwortlichen zeigte, wie ein Stürmer aussieht. Reisinger umkurvte unwiderstehlich Westermann und Mancienne wie Slalomstangen und schoss zum 2:0 für die Fortuna ein.

Der Rest war ein weitgehend planloses Anrennen der HSV-Mannschaft. So verloren die Hamburger erstmals seit dem 2:3 in Frankfurt im September wieder auswärts und konnten die Vorgabe von Trainer Thorsten Fink (sieben Punkte aus den Spielen gegen Freiburg, Mainz und Düsseldorf) nicht erfüllen. Statt heimlich auf Platz sechs zu schielen, geht der Blick nun erst mal wieder nach unten. "Wir waren schwach in den Zweikämpfen", gab Westermann zu.

Am Dienstag gegen Schalke 04 (20 Uhr, Imtech-Arena) wird mit einer solchen Leistung kein Punkt auf der Habenseite dazukommen. "Wir haben viel zu pomadig gespielt", schimpfte Fink: "Wir haben gedacht, dass wir mit spielerischen Mitteln zum Erfolg kommen können. Das war ein Irrtum. Wir müssen viel mehr und härter arbeiten."

Nach dem Spiel gab es dann noch eine weitere Schrecksekunde: Nach einem Fehlalarm mussten in der Nacht zu Sonnabend alle Gäste eines Düsseldorfer Nobelhotels das Gebäude verlassen, darunter auch die Spieler des Bundesligisten HSV. Ein Feuerlöscher im zwölften Stock sei von Unbekannten missbräuchlich eingesetzt worden, daraufhin schlugen die Rauchmelder an und die automatische Evakuierungslage ging los, wie ein Feuerwehrsprecher mitteilte. „Alle mussten raus.“ Bei den Unbekannten soll es sich um mutmaßliche HSV-Fans handeln. Drei Personen wurden festgenommen.

Gegen 04.30 Uhr begann die Evakuierung, 20 Minuten später konnten die ersten Gäste wieder in ihre Betten kriechen. Der HSV hatte über den Internetdienst Twitter gemeldet: „Hotel evakuiert. Wochenende wird immer besser.“ Die Feuerwehr stellte aber klar: „Es hat zu keiner Zeit gebrannt.“ Wie viele Gäste betroffen waren, war zunächst unklar.

Ansetzung: Die DFL legte die Termine für den 18. bis 21. Spieltag fest. Der HSV spielt am Sonntag, 20.1. (17.30 Uhr) in Nürnberg, am Sonntag, 27.1. (15.30 Uhr) gegen Bremen, am Sonnabend, den 2. Februar (15.30 Uhr) gegen Frankfurt und am Sonnabend, den 9. Februar (15.30 Uhr) in Dortmund.