Der ARD-Moderator verteidigt seinen Experten nach dessen Kritik an Stürmer Mario Gomez: “Er hat den Mut, Dinge sehr klar zu benennen.“

Hamburg. Die Nacht nach seinem TV-Auftritt in der Ukraine war für Mehmet Scholl, 41, strapaziös. Erst im Morgengrauen landete das Flugzeug mit dem ARD-Team wieder in Warschau. Hinter Scholl lag ein Auftritt, der in die TV-Fußball-Annalen eingehen wird .

Ausgerechnet den Torschützen Mario Gomez hatte Scholl als ARD-Experte scharf attackiert. "Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wund liegt und mal gewendet werden muss", höhnte Scholl über dessen Laufleistung. Welchen Wirbel Scholls Analyse in der Heimat auslöste, merkte Reinhold Beckmann, Moderator des Spiels zwischen Deutschland und Portugal, am Sonntag beim Lesen seiner SMS: "Ich habe einige Nachrichten erhalten."

Gegenüber dem Abendblatt verteidigte Beckmann seinen Partner: "Mehmet analysiert sehr präzise. Fachlich hat er durch das Absolvieren seines Trainerlehrgangs noch mal gewonnen." Und die Wortwahl? "Er spricht, wie er früher gespielt hat. Seine Formulierungen sind überraschend, mitunter auch zugespitzt. Und er hat den Mut, Dinge sehr klar zu benennen." Dies geschah schon bei seinem Start als TV-Experte, als er über den französischen Nationalspieler Florent Malouda spottete: "Der trägt seine Fersen vorn."

Scholls Analyse im Video:

Bereits als Jungprofi hatte Scholl in Diensten des FC Bayern München mit seiner mitunter flapsigen Art für Aufregung gesorgt. 1994 ließ er in das Jahrbuch des FC Bayern als Lieblingsspruch eintragen: "Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt." Mit einer Spende von damals 5000 Mark an eine Schule für Körperbehinderte konnte er eine Klage eines Grünen-Politikers abwenden, die entsprechende Stelle im Buch wurde geschwärzt. Als ihn ein Reporter später fragte, was er denn wähle, antwortete Scholl: "Grün natürlich, ich kann sie ja nicht hängen lassen."

+++ Kommentar: Mein lieber Scholl +++

Dennoch passt der ehemalige Nationalspieler mitnichten in die Kategorie blödelnder Witzbold. Im Gegenteil: Scholl zählte schon in seiner aktiven Zeit zu den Profis, die sich in klugen Interviews Gedanken über die Folgen eines überhöhten Starkults machten. Scholl sprach aus eigener Erfahrung, schließlich wurde er als junger Profi zum Teenie-Helden hochgejazzt. Als Leistungsträger legte sich Scholl später auch mit dem damaligen Bayern-Kapitän Lothar Matthäus an.

Bei der EM wird Scholl bereits morgen wieder im Einsatz sein, diesmal an der Seite von Gerhard Delling. Parallel treibt Scholl als Trainer die Kaderplanung für die U 23 des FC Bayern voran. Beim Trainingsauftakt am 18. Juni wird er fehlen. Denn dann ist er noch für die ARD im Einsatz.