Bei Deutschlands 2:1-Sieg gegen Frankreich durfte sich Hamburgs Torhüter über ein gutes DFB-Comeback freuen. Westermann blieb auf der Bank.

Paris. Als der italienische Schiedsrichter Paolo Silvio Mazzoleni (Italien) um 22.51 Uhr das letzte Mal sein Arbeitsgerät in den Mund nahm, um das Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland abzupfeifen, war René Adler äußerlich nichts anzumerken. Der perfektionistische Torwart des HSV, der nach 812-tägiger Pause sein Comeback im Nationaldress gefeiert hatte, wollte nur bedingt zufrieden sein. Zwar siegte Deutschland bei seiner gelungenen DFB-Rückkehr hochverdient erstmals seit 1935 wieder in Frankreich gegen Frankreich mit 2:1, doch das angestrebte Spiel ohne Gegentor konnte der 28-Jährige eben nicht verhindern. Allzu lange geärgert wird sich der Hamburger aber nicht haben. "Das war brutal intensiv", sagte Adler nach dem Spiel, "ich muss jetzt erst mal wieder runterkommen, das geht umso einfacher mit einem Sieg."

Hinter Adler und seinen Kollegen lagen 90 äußerst unterhaltsame Minuten. Anders als bei früheren Länderspielen zu Beginn eines Jahres hatten sich beide Teams einen teilweise hochklassigen Schlagabtausch geliefert, mit etlichen schnell vorgetragenen Offensivaktionen auf beiden Seiten und technisch anspruchsvollen Szenen.

Dabei war es die deutsche Mannschaft, die die Anfangsphase dominierte und beim Test anlässlich des 50. Jubiläums der Elysée-Verträge mutig nach vorne spielte. So hätte Mesut Özil nach toller Vorarbeit von Thomas Müller bereits früh die Führung erzielen können, doch beim Versuch, Torwart Hugo Lloris zu umkurven, scheiterte der Wahl-Madrilene (6.).

Die Besucher im Stade de France, unter ihnen auch der französische Staatspräsident Francois Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel, staunten über den Unternehmungsgeist der DFB-Auswahl, die sichtlich bemüht war, nach über 25 Jahren mal wieder einen Sieg über Frankreich zu feiern.

So dauerte es bis zu 14. Minute, ehe erstmals ein Hauch von Gefahr vor Adlers Tor auftauchte, der 28-Jährige aber vor Karim Benzema klären konnte. So richtig auszeichnen durfte sich der Hamburger Keeper nach 27 Minuten, als Benzema völlig frei auf Adler zulaufen konnte. Doch der Profi von Real Madrid scheiterte mit seinem Schuss am DFB-Keeper. Eine starke Aktion Adlers.

In der 44. Minute, als alles auf ein 0:0 zur Pause hindeutete, war Adler ohne Chance. Nach einem Benzema-Freistoß, der von der Latte aufs Feld zurückprallte, konnte Valbuena zur 1:0-Führung für die Hausherren einköpfen. Eigentlich ein ungerechtes Halbzeitresultat nach dem Spielverlauf, das aber auch nur von kurzer Dauer war.

Direkt nach dem Wiederanpfiff war es Thomas Müller, schon vorher der beste Spieler auf dem Platz, der nach einem klugen Pass von Ilkay Gündogan den Ball unter die Latte wuchtete (51.). "Einfach rein die Kirsche", beschrieb Müller sein Tor später ähnlich schnörkellos wie er zuvor auf dem Platz agierte. Der hochverdiente Ausgleichstreffer war der Startschuss zu einem weiteren Sturmlauf der Deutschen, der allerdings zunächst ohne Erfolg blieb. HSV-Innenverteidiger Heiko Westermann konnte das Geschehen in der zweiten Halbzeit von der Bank aus ähnlich entspannt verfolgen wie sein Vereinskollege Adler, der brenzlige Situationen meist schon im Ansatz entschärfte. Nur Bundestrainer Joachim Löw, der Mitte der zweiten Halbzeit an der Seitenlinie lautstark mit seinen bemühten Spielern schimpfte, schien als einziger nicht wirklich zufrieden zu sein.

Eine Viertelstunde vor Schluss wurde dann aber auch der überkritische Bundestrainer besänftigt. Eine königliche Kombination zwischen den beiden Madrilenen Mesut Özil und Sami Khedira, der den Traumpass seines Real-Kollegen nur noch veredeln musste, sorgte schließlich für die späte aber verdiente Belohnung des DFB-Teams (74.). Perfekt war der historische Sieg in Paris aber erst, nachdem ein letztes Mal Adler kurz vor Schluss Kopf und Kragen riskieren musste, um gegen den anstürmenden Franck Ribéry zu klären. Adler hielt, Deutschland siegte - und sogar Löw war am Ende zufrieden. Schlusswort Adler: "Ich muss schon zugeben, dass ich vorher sehr nervös war. Jetzt bin ich aber glücklich."

Frankreich: Lloris - Sagna, Koscielny (46.Rami), Sakho, Evra - Cabaye, Matuidi (46. Capoue), Sissoko - Valbuena, Benzema, Ribéry.

Deutschland: Adler - Lahm, Mertesacker, Hummels, Höwedes - Khedira, Gündogan - Müller (90. L. Bender), Özil, Podolski (68. Schürrle) - Gomez (57. Kroos).

Tore: 1:0 Valbuena (44.), 1:1 Müller (51.), 1:2 Khedira (74.). Schiedsrichter: Paolo Silvio Mazzoleni (Italien). Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)