Hamburg. Wie der Hamburger DEL-Club auf das Verpassen der Play-offs reagieren sollte. Sieg zum Abschluss bei Straubing.

Zur Chronistenpflicht gehört die Erwähnung, dass am Sonntagnachmittag das letzte Hauptrundenspiel der Hamburg Freezers in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) stattgefunden hat. Die Mannschaft von Cheftrainer Serge Aubin gewann bei den Straubing Tigers mit 4:3 (1:0, 0:1, 3:2); interessiert hat das allerdings kaum noch jemanden, denn die Saison 2015/16 war für die „Eisschränke“ bereits am Freitagabend beendet gewesen. Nach der 2:5-Heimpleite gegen die Iserlohn Roosters hatte festgestanden, dass die Hamburger zum dritten Mal in ihrer seit 2002 währenden Geschichte und zum ersten Mal seit 2011 die DEL-Play-offs verpassen. Seitdem haben die Aufräumarbeiten begonnen.

Über die Gründe für die Talfahrt ist in den vergangenen Monaten auch in dieser Zeitung umfassend berichtet worden, deshalb soll die Rückschau entsprechend knapp gehalten werden. Die Fakten: Hamburg ist mit 166 Gegentoren das drittschlechteste Defensivteam der Liga, was angesichts der Ab- und Zugänge im vergangenen Sommer keine große Überraschung ist. Umso erschütternder ist die Bilanz der Offensive, die mit 142 Toren ebenfalls den drittschlechtesten Ligawert aufweist, was angesichts der theoretisch vorhandenen Qualität der Spieler schlicht als Peinlichkeit bezeichnet werden muss. Und wer auswärts mit 25 Punkten aus 26 Spielen die zweitschlechteste Bilanz aller DEL-Clubs aufweist, muss sich über den frühesten Sommerurlaub der Clubhistorie wahrlich nicht wundern.

Die Fehler von Trainer Serge Aubin

Fehler hat selbstverständlich auch Cheftrainer Aubin gemacht. Ein erfolgreiches Spielsystem war bis zuletzt nicht zu erkennen. Vor allem in den Special Teams – die Überzahlquote von 16,9 Prozent bedeutet Rang zwölf, der Unterzahlwert von 77,2 Prozent gar nur Rang 13 in der DEL – waren die Freezers zu schwach. Mit der viel zu lang praktizierten Torwartrotation, die anfangs aufgrund der Verletzungen von Sébastien Caron und Dimitrij Kotschnew alternativlos war, hat der 41 Jahre alte Frankokanadier eine Großbaustelle selbst verschuldet.

Kommentar: Freezers brauchen harten Umbruch

Auch die Clubführung muss sich Vorwürfe gefallen lassen. Die Zusammenstellung des Teams war nicht optimal, es fehlten Führungsspieler und Arbeiter, dafür gab es zu viele Schönspieler und Mitläufer; zu lange glaubten alle, dass die vorhandene Qualität es richten würde, und vergaßen darüber, dass harte Arbeit die Grundlage für Erfolg ist. Dass Sportdirektor Stéphane Richer in Personalunion als Co-Trainer arbeitete, hätte spätestens im November korrigiert werden müssen, auch wenn das Budget für einen Assistenten nicht vorhanden war. Durch Richers dauerhafte Präsenz wurde Aubin nachhaltig in seiner Kompetenz und Autorität beschnitten. Den Spielern wiederum fehlte das in Krisenphasen nötige Korrektiv, und nicht zuletzt konnte Richer seinen Aufgaben in Scouting und Neugestaltung des Teams nicht in notwendigem Umfang nachkommen.

Frommhold: „Haben erhöhten Redebedarf“

Nun ist es immer einfach, im Rückblick von außen Kritik zu üben, und es ist ja auch beileibe nicht so, als hätten die Verantwortlichen all die Probleme nicht erkannt. Auf manche haben sie sicherlich nicht in der gebotenen Dringlichkeit reagiert, andere vielleicht auch nicht wahrhaben wollen. Umso wichtiger ist es deshalb, dass zu dieser Analyse ein Ausblick gehört auf das, was nun zu tun ist, um aus dem Rückschlag gestärkt hervorzugehen. Die Verantwortlichen, Geschäftsführer Uwe Frommhold, Richer und Aubin, haben sich Zeit erbeten, um eine fundierte Kritik vortragen zu können. Das ist ihr Recht, und wahrscheinlich ist es auch besser, als im Überschwang der Emotionen überzureagieren. Frommhold kündigte immerhin eine gründliche Aufarbeitung an: „Mir ist es zu billig, von einem Ausrutscher zu sprechen. Wir haben erhöhten Redebedarf.“

Einige Dinge, die passieren müssen, liegen jedoch auf der Hand. Wenn man, wonach es aussieht und was angesichts seiner sportlichen Qualität absolut vertretbar wäre, weiter auf Aubin setzt, dann muss er die Kompetenz bekommen, seine Entscheidungen durchzusetzen. Mit einem Co-Trainer an seiner Seite, der die notwendige Lizenz und Qualität besitzt, ohne den Chef in seiner Autorität zu beschneiden.

Richer muss zwei Top-Ausländer holen

Vor allem aber muss die Mannschaft eine neue Identität bekommen. Es braucht, wenn man Kotschnew aufgrund seiner Verletzungsanfälligkeit den Posten als Nummer eins nicht zutraut, einen starken Stammtorhüter und ein Ende der Rotation auf dieser so wichtigen Position. Richer muss es schaffen, mindestens zwei Top-Ausländer für Schlüsselpositionen in Abwehr und Angriff zu holen. Der Sportdirektor, der in den vergangenen Jahren maßgeblich dazu beigetragen hat, dass sich die Freezers zu einer der besten Adressen für deutsche Spieler entwickelten, hat Kredit verdient. Dennoch gehört zur Wahrheit, dass von den Zugängen in dieser Saison keiner überzeugen konnte. Richer muss liefern.

Umso wichtiger ist es, auf die Bequemlichkeit einiger Profis, die es sich in der Wohlfühloase Hamburg kommod eingerichtet haben, mit Härte zu reagieren. Von den elf Profis, deren Verträge auslaufen – Cal Heeter, Caron, Jonas Liwing, Dominik Tiffels, Sam Klassen, Aaron Brocklehurst, Dan Spang, Jaroslav Hafenrichter, Michael Davies, Phil Dupuis und Marty Sertich –, sollten maximal Tiffels, Klassen und Brocklehurst gehalten werden. Und wenn es das Budget erlaubt, sollte mit der Entlassung von längerfristig gebundenen Spielern ein Zeichen gesetzt werden. Kandidaten wären Verteidiger Sean Sullivan und die Angreifer Morten Madsen, Marcel Müller und Jerome Flaake, die sich um den Titel „größte Enttäuschung der Saison“ streiten.

Tore: 0:1 (11:58) Mitchell, 1:1 (33:08) Zalewski (Osterloh, Down), 1:2 (45:22) Dupuis (Oppenheimer, Roy) 4-5, 2:2 (50:10) Madaisky (Bayda, Hedden), 2:3 (51:24) Oppenheimer (Dupuis), 2:4 (52:08) Mitchell (Sertich), 3:4 (57:03) Zalewski (Hedden). Strafm.: 8/13 + 10 B. Festerling + Spieldauer Jakobsen. SR: Aicher/Schimm (Rosenheim/Waldkraiburg). Z.: 5612.