Hamburg. Die Freezers haben durch das 2:5 gegen Iserlohn zum dritten Mal den Einzug in die Play-offs der DEL verpasst. Eine Analyse.

Der Frustbewältigung erster Teil fand an der Bar des VIP-Bereichs in der Barclaycard Arena statt. Geschäftsführer Uwe Frommhold, Sportdirektor Stéphane Richer und Cheftrainer Serge Aubin waren dort eine Stunde nach dem frühesten Saisonende in der Geschichte der Hamburg Freezers zusammengekommen. Allerdings nicht, um die Saison 2015/16 zu analysieren, die am Freitagabend nach der 2:5-Heimniederlage gegen die Iserlohn Roosters nicht mehr zu retten war. Sondern nur, um einander ein wenig Trost zuzusprechen in einer Situation, die den Hamburger Eishockeyclub verändern wird.

„Es wäre sicherlich zu früh, jetzt schon Konsequenzen zu ziehen oder die Gründe zu benennen, die zu diesem frühen Saisonende geführt haben. Wir sind unglaublich enttäuscht, das ist extrem bitter und tut sehr weh. Es wäre zu billig, von einem Ausrutscher zu sprechen. Es gibt schon erhöhten Redebedarf“, sagte Frommhold. Man wolle sich aber die kommende Woche Zeit nehmen, um die Situation gründlich zu analysieren, bevor Schlüsse gezogen würden. Aubin sagte: „Ich brauche Zeit, um das Geschehene sacken zu lassen. Wir haben den Preis für unsere Fehler bezahlt. Aber wir haben am Sonntag noch ein Spiel, das wollen wir ordentlich über die Bühne bringen, bevor ich in die Saisonanalyse einsteige.“

Tatsächlich ist die abschließende Hauptrundenpartie am Sonntag (14.30 Uhr) bei den Straubing Tigers völlig bedeutungslos. Mit vier Punkten Rückstand auf den Tabellenzehnten Adler Mannheim haben die Freezers keine Chance mehr, die Teilnahme an den Pre-Play-offs in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) noch zu schaffen.

Nach 2010 und 2011 hat der Club zum dritten Mal in seiner seit 2002 währenden Geschichte damit die Ausscheidungsspiele verpasst; früher als in diesem Jahr war das noch nie der Fall gewesen. Natürlich gibt es eine Reihe von Gründen, die anzuführen wären, um die wahrscheinlich größte Enttäuschung der Vereinsgeschichte zu erklären. Da wäre die Abwehrschwäche, die angesichts der Ab- und Zugänge zwar schon zu Saisonbeginn abzusehen war, dennoch in ihrer drastischen Form – die vielen individuellen Fehler konnten nie abgestellt werden, mit 163 Gegentoren ist man die drittschlechteste DEL-Mannschaft – überraschte.

Viel schlimmer jedoch ist der Fakt, mit einer der nominell am stärksten besetzten Offensiven der DEL mit 138 geschossenen Toren den zweitschlechtesten Ligawert aufzuweisen. Die Abschlussschwäche, gepaart mit mangelhafter Zielstrebigkeit, war in vielen Spielen, in denen die Hamburger auf Augenhöhe mit der Konkurrenz agierten, der entscheidende Faktor. Mangelnden Einsatzwillen konnte man den Profis in nur sehr wenigen Partien vorwerfen, das Team reagierte auf die vielen Auswärtsniederlagen daheim meist positiv. Allerdings war eine Weiterentwicklung des Spielsystems kaum zu erkennen, in Über- und Unterzahl gab die Mannschaft über die gesamte Saison eine schlechte Figur ab.

Dennoch stand Aubin nie zur Debatte, auch jetzt noch scheinen Frommhold und Richer überzeugt davon, mit dem Frankokanadier in die neue Spielzeit gehen zu wollen. Das Problem hat man vielmehr in Richers Doppelfunktion erkannt. Dass der Sportchef gleichzeitig als Co-Trainer arbeitet, hat nicht nur Aubins Autorität untergraben, sondern den Spielern auch das bisweilen notwendige Korrektiv genommen, das ein Assistent darstellen kann. Dieser Zustand muss – und soll – zur neuen Saison dringend verändert werden.

Die Hauptschuld sehen die Verantwortlichen bei der Mannschaft, die allerdings auch nicht richtig zusammengestellt ist. Zu viele Schönspieler und zu wenige Charakterköpfe ergaben eine Mischung, die dazu führte, dass das Team glaubte, alle Aufgaben spielerisch lösen zu können. Die Identität, die sich die Freezers über die vergangenen Jahre hinweg aufgebaut hatten, nämlich hungriger zu sein als die Konkurrenz und diese mit harter Arbeit niederkämpfen und erst danach ausspielen zu können, ist dadurch verloren gegangen.

Die Frage wird nun sein, wie die Verantwortlichen darauf reagieren. Richer ist gefordert, vor allem bei den ausländischen Neuzugängen auf Charakter und Qualität zu achten. Auf der Torwartposition muss ein klarer Schnitt erfolgen und eine eindeutige Nummer eins benannt werden, die höchstwahrscheinlich ein Ausländer sein wird, da man Dimitrij Kotschnew nicht zutraut, das Gros der Spiele verletzungsfrei durchzustehen. Vor allem aber muss die Wohlfühloase Hamburg, in der den Spielern alles abgenommen wird, umfunktioniert werden, was auch bedeutet, sich von Spielern mit langfristigen Verträgen zu trennen, die in dieser Saison weit unter ihren Möglichkeiten geblieben sind. Kandidaten sind die Angreifer Marcel Müller und Jerome Flaake und Abwehrspieler Sean Sullivan.

Von den elf Profis, deren Verträge zum Saisonende auslaufen, dürften maximal die Verteidiger Aaron Brocklehurst, Sam Klassen, Jonas Liwing und Dominik Tiffels Chancen auf einen Verbleib haben. Die Torhüter Sébastien Caron und Cal Heeter, Abwehr-Nachverpflichtung Dan Spang sowie die Angreifer Phil Du-puis, Michael Davies, Marty Sertich und Jaroslav Hafenrichter dürften ausgespielt haben. In der kommenden Woche werden die Verantwortlichen Personalgespräche mit allen Spielern führen. Anschließend dürften erste Konsequenzen bekannt gegeben werden.

Auch eine Abschlussveranstaltung mit den Fans, die das Ausscheiden ihres Teams mit erstaunlicher Ruhe hinnahmen, soll es geben. „Wir müssen unseren Fans danken, dass sie uns durch diese Saison getragen haben. Unsere Fans haben mehr geleistet als die Mannschaft“ , sagte Geschäftsführer Frommhold, der hofft, dass der Rückschlag keinen nachhaltigen Imageschaden verursachen wird. „Es wäre extrem bitter, wenn eine solche Saison die Aufbauarbeit, die wir über die vergangenen Jahre geleistet haben, auf einen Schlag zerstören würde“ , sagte er.

Das allerdings dürfte zum einem Großteil davon abhängen, welche Konsequenzen aus der verkorksten Saison gezogen werden. Werden die richtigen Stellschrauben gedreht, dann kann der Club gestärkt aus der Krise hervorgehen. Verpasst man den notwendigen Schnitt, wird der Traum vom ersten Meistertitel auf Sicht ein Traum bleiben.