Hamburg. Erneute Trainingsschlägerei. Marcel Müller haut Teamkollege Schmidt eine blutige Nase. Trainer Serge Aubin spielte den Vorfall runter.

Wenn es noch einer Szene bedurft hätte, die belegt, wie es derzeit um die sportliche Situation der Hamburg Freezers bestellt ist, so ereignete sie sich am frühen Montagvormittag in der Volksbank-Arena. Nach einem normalen Trainingszweikampf an der Bande streckte Stürmer Marcel Müller ohne Vorwarnung Abwehrspieler Kevin Schmidt mit einem Faustschlag nieder. Der Deutschkanadier blieb mit Schmerzen liegen, und musste wenig später mit einem kleinen Cut an der Nase vom Eis. Rund 100 Fans, darunter viele Kinder, wurden Zeuge dieses Eklats.

Beendet war die Keilerei auf dem Eis danach noch nicht. Stürmer Garrett Festerling, bester Kumpel und Trauzeuge von Schmidt, ging auf Müller los, versuchte ihn zweimal zu schlagen, ehe dieser ihn in den Schwitzkasten nahm. Es bildete sich ein Rudel aus einem Dutzend Spielern und Co-Trainer Stéphane Richer. Nach einigen Minuten konnten alle Streithähne getrennt werden und das Abschlusstraining vor dem Heimspiel an diesem Dienstag (19.30 Uhr, Barclaycard-Arena) gegen die Eisbären Berlin ohne weitere Zwischenfälle weitergehen.

Während sich Müller und Festerling noch auf dem Eis die Hand reichten, nahm sich Trainer Serge Aubin nach der Einheit den Übeltäter zur Seite und redete auf ihn ein. Konsequenzen zog der Trainer aber überraschend nicht. Der bislang enttäuschende Topzugang Müller, der seit 17 Spielen auf einen Treffer wartet, bekommt keine interne Strafe, auch weil er sich bei Schmidt inzwischen entschuldigt hat.

Wie bereits bei der Rauferei in der vergangenen Woche zwischen Jerome Flaake und Thomas Oppenheimer spielte Aubin den Vorfall runter. „In Nordamerika passiert so etwas zwanzig Mal pro Saison. Es zeigt mir, dass die Jungs mehr Einsatz zeigen und sich im Training die nötige Aggressivität holen wollen. Mir bereitet diese Vorfälle überhaupt keine Sorgen“, sagte Aubin.

Auch bei Festerling hatten sich die Emotionen nach der Einheit wieder gelegt. Der allgemeine Tenor bei dem Spielmacher und dem Rest der Mannschaft war klar: Es ist Leben in der Bude und keiner findet sich mit der sportlichen Krise ab. Lieber solche Vorfälle, als Gleichgültigkeit: „Ich mag es, wenn es im Training zur Sache geht. Diese Mentalität, besser sein zu wollen, als der andere, brauchen wir gerade jetzt. Aber ich stimme zu, dass es ein schmaler Grat ist“, sagte der 29-Jährige. „Aber all das ist nach dem Training wieder vergessen. Da ist keiner nachtragend. Wir sind ein Team“

Die Häufung dieser Vorkommnisse ist jedoch ein deutliches Indiz dafür, dass man durchaus Zweifel an dieser Aussage haben kann. Zwei Trainings­eklats innerhalb einer Woche, dazu die Wutrede von David Wolf, der nach dem schwachen 1:5 gegen Wolfsburg fehlenden Teamgeist angeprangert hatte, machen deutlich, wie sehr es rumort. Gegen die Eisbären aus Berlin, die wie die Freezers zum US-Konzern Anschutz Entertainment-Group (AEG) gehören, muss eine Reaktion sportlicher Natur erfolgen, um irgendwie aus dem Negativlauf herauszukommen. „Diese Partie wird ein Charaktertest für uns als Mannschaft. Wir müssen gegen die Eisbären das beste Saisonspiel zeigen. Wolfsburg hat uns im Nordderby blamiert, jetzt steht ein weiteres Derby an, das wir gewinnen müssen“, sagte Festerling.