Der Neuzugang der Hamburg Freezers gewöhnt sich an Defensivarbeit. „Kevin arbeitet sehr hart, um sich an unser System zu gewöhnen“, sagt Cheftrainer Laporte. Sorgen um Schubert und Cabana.

Hamburg. Da sitzt er also neben einem, dieser Kevin Clark, und die erste Frage, die sich aufdrängt, ist die: Wie soll dieser Mann David Wolf ersetzen? Der langjährige Sturm-Bulle der Hamburg Freezers wird seine 188 cm und 100 kg Körperfülle in der Saison 2014/15 in Nordamerika einbringen, und mehr noch als die 40 Scorerpunkte, die Wolf in der vergangenen Serie in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) beisteuerte, werden seine physischen Vorzüge fehlen, denn: Kevin Clark ist 177 cm groß, bringt keine 80 kg auf die Waage und macht auch abseits dieser messbaren Werte nicht den Eindruck, als könne er seinen Gegenspielern nachhaltig Schrecken einjagen.

Doch natürlich darf man sich niemals vom ersten Eindruck leiten lassen. Clark hat diese Weisheit am Wochenende eindrucksvoll unterstrichen. Beim Testturnier in Dänemark, das die Freezers durch Siege gegen Gastgeber Odense Bulldogs (4:1) und Zweitligameister Bremerhaven (5:1) gewannen, konnte der 26-Jährige nicht nur dank zweier Tore gegen Odense überzeugen, sondern vor allem mit seiner Defensivarbeit glänzen, die Cheftrainer Benoît Laporte in der Vorwoche nach den zwei Niederlagen in der Champions League noch harsch kritisiert hatte.

„Kevin arbeitet sehr hart, um sich an unser System zu gewöhnen“, sagt Laporte. Unter der Woche hatte das Trainerteam Clark zu einem langen Einzelgespräch gebeten, um ihm aufzuzeigen, was man in Hamburg von ihm erwarte. „Mir hat dieses Gespräch sehr gut getan“, sagt der kanadische Stürmer, „es ist nie einfach, sich an ein neues Spielsystem zu gewöhnen, deshalb wusste ich, dass ich etwas Zeit brauchen würde.“ Bei den Krefeld Pinguinen, von denen er im Sommer kam, hatte er als Topstürmer offensiv alle Freiheiten. „Hier in Hamburg ist die Tiefe im Kader höher, und jeder Spieler ist gefordert, auch defensiv seine Aufgaben zu erfüllen“, sagt er. Nicht, dass das für ihn ein Problem wäre. „Aber so eine Umstellung dauert einfach etwas.“

30 Tore und 38 Assists schaffte Clark in der vergangenen Saison für Krefeld

Sie wussten ja in Hamburg, dass der als Wolf-Ersatz avisierte Flügelstürmer kein Aggressiv-Anführer ist. „Ich bin nicht gekommen, um Wolf zu kopieren“, sagt Clark, „wir sind total unterschiedliche Spieler, meine Stärken sind andere.“ Und da hat er recht: Die 68 Scorerpunkte, die er für Krefeld in der vergangenen Spielzeit schaffte, machten den mit 30 Toren zweitbesten DEL-Torjäger zu einem nicht nur in Deutschland begehrten Mann. Dass er lange zögerte, um die Freezers-Offerte anzunehmen, will er nicht als Söldnermentalität bewertet wissen. „Letztlich war Hamburg das beste Gesamtpaket für mich“, sagt er, und da spricht der Vollprofi. Einer, für den die Freezers zwar keine Herzensangelegenheit sind, der aber dennoch versuchen wird, sein Bestes zu geben in jedem Spiel. Und wenn ihm das gelingt, dann dürfte dieser Kevin Clark auch in Hamburg an DEL-Rekordmarken kratzen.

In Dänemark spielte er nach dem Ausfall von Frédéric Cabana, der gegen Bremerhaven mit Verdacht auf Gehirnerschütterung vom Eis musste, in einer neuen Sturmformation als Linksaußen statt auf seiner angestammten Rechtsposition, gemeinsam mit Marty Sertich und Jerome Flaake. „Mir hat das sehr gut gefallen, wie die drei harmoniert haben“, lobt Trainer Laporte, „wir werden in der kommenden Trainingswoche schauen, ob sich diese Reihe bewährt.“ Da auch Kapitän Christoph Schubert gegen Odense eine Knieverletzung erlitt, deren Ausmaß an diesem Montag bei einer Kernspinuntersuchung festgestellt werden soll, könnten die Hamburger vor dem DEL-Start (12. September) noch einmal Verstärkung benötigen. Mit Korbinian Holzer, der nach vier Jahren in Nordamerika nach Deutschland zurückkehrt, ist ein Top-Verteidiger auf dem Markt. „Wir warten aber erst einmal ab, was mit Cabana und Schubert ist“, sagt Laporte.