Sepang. Nach seinem Unfall im Training steht der Spanier Fernando Alonso am Wochenende in Malaysia vor seinem Grand-Prix-Debüt mit McLaren-Honda. Der Crash bleibt rätselhaft.
Erstmals nach seinem schweren Unfall bei der Testfahrt im Februar äußert sich Formel-1-Pilot Fernando Alonso vor dem Rennen in Malaysia öffentlich zu dem Crash. Und widerspricht dabei einigen Meldungen und seinem eigenen Rennstall. Die wirklichen Ursachen für den Einschlag in eine Mauer bleiben ein großes Rätsel.
Grund für die Verwirrungen sind vor allem Datenlücken in den entscheidenden Momenten und teilweise widersprüchliche Aussagen. Das nährt die Zweifel an den offiziellen Versionen. „Die Lenkung war blockiert“, räumte der zweifache Formel-1-Weltmeister am Donnerstag in Sepang immerhin ein. „Es ist klar, dass es ein Problem am Auto gab. Aber wir haben in den Datenaufzeichnungen nichts gefunden.“ Deshalb gebe es keine eindeutige Antwort. Sein McLaren-Team hatte dagegen noch vor kurzem beteuert: „Wir konnten keinen technischen Defekt feststellen.“
Auch die erste Theorie seines Teams, eine Windböe hätte den Unfall verursacht, verwies der Spanier ins Reich der Fabeln: „Nicht einmal ein Hurrikan hätte das Auto bei dieser Geschwindigkeit bewegen können.“ Zwar entschuldigte Alonso die Aussagen seines Arbeitgebers mit dem medialen Druck nach seinem Crash und der Einlieferung in ein Krankenhaus per Hubschrauber, doch letztlich sprechen Team und Fahrer nach Alonsos erstem öffentlichen Auftritt nicht mit einer Stimme.
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Klar ist, dass Alonso an diesem Wochenende in Malaysia seine Grand-Prix-Premiere im McLaren-Honda bestreiten darf. Nach den umfassenden obligatorischen Untersuchungen am Vormittag an der Rennstrecke durch Ärzte des Internationalen Automobil-Verbands FIA und des Streckenhospitals erhielt der Spanier grünes Licht für die Teilnahme am zweiten Saisonlauf. „Ich bin glücklich hier zu sein“, sagte er. Er habe keine Angst, dass wieder etwas passieren könne. „Ich vertraue dem Team voll“, versicherte Alonso.
Alonso im Mittelpunkt
In kurzer schwarzer Hose und dem nach fünf Ferrari-Jahren noch ungewohnten weiß-schwarzen Team-Shirt versuchte Alonso, sich locker und gelöst zu geben. Immer gelang das aber nicht. Bei der offiziellen FIA-Pressekonferenz prasselten die Fragen beinahe ausschließlich auf ihn ein. Die anderen fünf Fahrer wirkten wie Staffage.
Und für Alonso gab es kein Entrinnen: Frage - Antwort, Frage - Antwort als Endlosschleife, so dass sich manche Medienvertreter dafür entschuldigten, erneut ihn zu belästigen: „Sorry, Fernando.“
Aber trotz vieler Antworten blieb offen, wie es zu dem Crash am 22. Februar in Barcelona kommen konnte. Alonso erlitt dabei eine schwere Gehirnerschütterung, widersprach nun aber der These, er sei schon kurz zuvor bewusstlos gewesen. „Ich erinnere mich an alles. Ich habe erst das Radio abgeschaltet, dann die Batterie“, berichtete der 33-Jährige.
Erst nachdem er im Hospital Medikamente bekommen habe, sei er kurz ohne Bewusstsein gewesen. Behauptungen, er habe nach dem Aufwachen italienisch geredet und geglaubt, 17 Jahre alt zu sein, bezeichnete Alonso als Unsinn: „Alles war normal beim Aufwachen.“
Fehlende Sensoren
Weshalb es in der High-Tech-Welt Formel 1 ausgerechnet von seinem Unfall keine Datenaufzeichnungen gebe, begründete Alonso mit fehlenden Sensoren. Inzwischen soll McLaren hier nachgerüstet haben. Ob die Ursachen aber je bekannt werden, bleibt zweifelhaft.
Alonso hat den Crash abgehakt und freut sich aufs Rennen. „Motorsport ist gefährlich“, erinnerte er lakonisch an ein altes Motorsport- Motto. Manchmal habe man eben einen großen Unfall. Aber das sei wie im normalen Leben: Es könne gut oder weniger gut ausgehen.
Nun fiebert der dreimalige Sepang-Sieger der Hitzeschlacht am Sonntag entgegen. „Ich habe hier 2003 meine erste Pole-Position geholt, stand hier erstmals auf dem Podium und habe mit drei verschiedenen Teams gewonnen“, verwies der Doppel-Champion auf seine beeindruckende Bilanz.
Alonso zu seiner Verfassung: er sei „der glücklichste Mensch der Welt. Es ist ein sehr herausfordernder Moment in meiner Karriere, und ich bin bereit, den Kampf anzunehmen“. Zudem habe er vollstes Vertrauen in sein Team und „null Sorgen“. „Wir haben im Moment das sicherste Auto. Das Team hat im letzten Monat jede Komponente untersucht und alles ausgetauscht, wo es nur den leisesten Zweifel gab“, so Alonso. Zudem sei er nach den letzten vier Wochen wohl „der am besten medizinisch untersuchte Fahrer der Geschichte“. Auto und Fahrer sollten also okay sein.
Jetzt auch nur annähernd an diese Erfolge heranzukommen, erwägt Alonso nicht einmal im Traum. „Wir müssen mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben“, mahnte er. „Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen.“
Ob das letztlich reichen wird, um mehr als nur den letzten Platz wie Jenson Button beim Auftaktrennen in Australien zu belegen, ist allerdings fraglich. Denn neben den nun öffentlich gewordenen inneren Spannungen hat das englische Traditionsteam eine wohl noch viel größere Baustelle - denn stotternden Honda-Motor.
„Offensichtlich haben wir ein paar Probleme, und der Winter war schwierig, genauso wie das erste Rennen“, sagte Alonso, der hofft, dass er zusammen mit seinem Teamkollegen Jenson Button „mit unserer Erfahrung McLaren und Honda helfen können“. Mit seinen Aussagen am Donnerstag hat er dem Team allerdings einen Bärendienst erwiesen. (dpa/sid)