Sebastian Vettels Chancen auf einen Sieg in Hockenheim sind gering, die Saison ist die schwierigste seiner Laufbahn. Trotzdem freut sich der Weltmeister auf den Deutschland-Grand-Prix - und über seine Karriere in der Formel 1.

Hockenheim. Als Sebastian Vettel die Sache spanisch vorkam, machte er den Müller. „Soll ich jetzt auf bayerisch antworten?“, entgegnete der Formel-1-Weltmeister lachend einer Journalistin von der iberischen Halbinsel, nachdem er sich auf dem Fußballplatz für den guten Zweck eingesetzt hatte. Vier Tage vor dem Heimspiel in Hockenheim war Vettels Laune bestens. Vor fast 6000 Zuschauern hatte der 27-Jährige gemeinsam mit Stars aus Sport und Show, wie Vierschanzentournee-Legende Sven Hannawald und Entertainer Guido Cantz, rund 30.000 Euro eingespielt.

„Wir waren vier Wochen lang von der WM etwas verwöhnt“, sagte Fußball-Fan Vettel, der das Turnier in Trikot und Deutschland-Socken verfolgt hatte und sich auch über Müllers bayerische Späße mit der kolumbianischen Reporterin amüsierte: „Das Niveau war hier nicht ganz so toll, aber es ist schön, dass so viele Menschen gekommen sind.“

In seiner hessischen Heimat wurde Vettel am Mittwochabend gefeiert, es war eine willkommene Ablenkung. Denn beim Deutschland-Grand-Prix am Sonntag (14.00 Uhr/RTL und Sky) muss er sich wieder der tristen Realität in der Königsklasse mit all ihren Problemen stellen. „Die Formel 1 kann fantastisch sein, das habe ich erlebt“, sagte Vettel der BBC: „Aber sie kann auch sehr grausam sein, wenn man mit Problemen ausfällt. Du bist auf dein Auto angewiesen, das ist ein Teil des Spiels.“

Das Weltmeister-Team Red Bull ist in diesem Jahr einfach nicht konkurrenzfähig, die Lücke zu Mercedes und WM-Spitzenreiter Nico Rosberg ist auch bei Saisonhalbzeit „immer noch groß“, wie Vettel zuletzt zugeben musste. Die Silberpfeile hätten die Möglichkeit, „jedes Rennen zu gewinnen, wenn sie wollen. Es wird sehr schwierig, sie zu schlagen.“

Die Leistung fehlt, zudem machen immer wiederkehrende technische Probleme Vettel das Leben schwer. Und auch die Niederlagen im direkten Duell mit seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo muss der Weltmeister ständig erklären. In den fünf Rennen, in denen beide Bullen die Ziellinie sahen, lag Vettel stets hinter dem Teamneuling, oft spielte dabei die Wahl der Rennstrategie die Hauptrolle.

„Wir benachteiligen Sebastian ganz sicher nicht absichtlich. Das weiß und versteht er auch“, stellte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei Auto Bild Motorsport klar: „Wir sind in diesem Jahr in einer ganz neuen Situation. Mit dem schwächeren Antrieb sinkt auch der Spielraum für Strategien. Wenn man nicht immer freie Fahrt hat, geht der Plan manchmal eben nicht auf.“

Vettels Plan für Hockenheim lautet nun: attackieren - und damit den deutschen Fans etwas von dem zurückgeben, was sie einbringen. „Die Tribünen sind schon voll, wenn man morgens zur Strecke kommt. Die Fans stehen immer hinter dir, egal was passiert“, sagt Vettel: „Natürlich möchte man so viel wie möglich zurückgeben.“

Und wenn es trotzdem mal schwieriger wird mit der Motivation, dann denkt Vettel daran, wie alles angefangen hat: „Es gibt ein Zitat von einem sehr guten Freund, dass ich mir oft vorlese: ’Vergiss jetzt die Menschen um dich herum; erinnere dich an den kleinen Jungen im Go-Kart, wovon er geträumt hat und was er eines Tages erreichen wollte. Fahre für ihn.“ Mit ein wenig Demut macht die Formel 1 sogar in diesen tristen Tagen Spaß.