Hamburg. Sportgala #digital: Noma Akugue, Sylvia Pille-Steppat und Thuc Phuong Nguyen kämpfen um die begehrte Auszeichnung.

Der Rückblick auf das Jahr 2020 fällt Sylvia Pille-Steppat nicht so leicht. Was war das denn nun? Es gab sportlichen Erfolg, ja. Platz drei bei der Europameisterschaft in Posen (Polen) im Oktober in persönlicher Bestzeit von 10:37 Minuten war für die 53 Jahre alte Pararuderin der Lohn für hartes Training in harten Zeiten. Ebenso Platz zwei bei der Ergometer-Indoor-Weltmeisterschaft im Dezember in Paris.

Dagegen steht aber auch großer Frust und die Unsicherheit in der Pandemie. Der große Höhepunkt, auf den das Leben der Leistungssportlerin ausgerichtet war, war zunächst in Gefahr und wurde schließlich um ein Jahr verschoben: die Paralympischen Spiele in Tokio. „Die endgültige Absage der Spiele für 2020 Ende März war schon ein gewaltiger Schlag“, gibt die Athletin vom Wilhelmsburger Ruder-Club zu.

Hamburgs Sportlerinnen träumen von Olympischen Spielen

Diese Enttäuschung mussten ihre beiden Konkurrentinnen bei der Wahl zu Hamburgs Sportlerin des Jahres noch nicht verdauen. Auch sie träumen von einer Teilnahme an Olympischen Spielen in der Zukunft. Tokio aber stand noch nicht auf ihrer Agenda.

Tennisspielerin Noma Noha Akugue (17) vom Club an der Alster setzte im vergangenen Jahr ihren bemerkenswerten Aufstieg mit Erfolgen bei den Erwachsenen fort. Im Juli gewann sie die Verbandsmeisterschaften von Schleswig-Holstein und Hamburg. Am 30. August erreichte sie erstmals ein Finale eines ITF-Turniers. Den größten Erfolg feierte sie dann Ende des Jahres, als sie in Biberach an der Riß durch einen 6:3, 6:3-Finalerfolg über Nastasja Schunk deutsche Meisterin wurde. „Ich war ohne Erwartungen dort angereist, weil es vorher gar nicht lief. Es dann bis zum Titelgewinn durchziehen zu können, hat mir viel Selbstbewusstsein gegeben“, sagt sie.

„Für Noma war das Jahr gar nicht so schlecht"

Bundestrainerin Barbara Rittner hatte das Toptalent bereits als 15-Jährige in das Nachwuchsteam des Deutschen Tennis-Bundes geholt und fördert sie seitdem besonders. „Sie ist eine tolle Athletin und hat im Corona-Jahr 2020 gelernt, ernsthafter, konzentrierter und fokussierter an sich zu arbeiten“, sagte die einstige Weltklassespielerin nach der DM: „Für Noma war das Jahr gar nicht so schlecht, wobei auch ihr die Matches sehr gefehlt haben.“

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Die ebenfalls erst 17 Jahre alte Badmintonspielerin Thuc Phuong Nguyen besucht die Eliteschule des Sports am Alten Teichweg und nutzte die Möglichkeiten der besonderen Förderung optimal aus. Die Sportlerin vom Horner TV gewann bei der U-19-Europameisterschaft im November Gold im Mixed gemeinsam mit ihrem Klassenkameraden Matthias Kicklitz. Nach dem Abitur im Sommer dieses Jahres möchte sie an den Badminton-Bundesstützpunkt nach Mülheim an der Ruhr umziehen, Olympia 2024 in Paris ist schließlich ihr großes Ziel.

Pille-Steppat sicherte sich Startplatz für Deutschland

Ruderin Sylvia Pille-Steppat ist diesem Traum von Wettkämpfen unter den fünf Ringen natürlich schon deutlich näher. Den Startplatz für Deutschland hatte sie bei der WM 2019 in Linz (Österreich) gesichert. Am kommenden Wochenende muss sie sich allerdings noch persönlich auf der nationalen Ausscheidung in Köln qualifizieren und dafür Manuela Diening (29) aus Münster hinter sich lassen.

Das ist auch der Grund, warum sie schweren Herzens auf die Teilnahme an der EM an diesem Wochenende (siehe Text links) verzichtet hat. „Wir wollten kein Risiko eingehen.“ Die Form scheint bei der Harburgerin jedoch zu stimmen. Anfang des Jahres hat sie bei einem Testrennen ihre Bestleistung noch einmal auf 10:17 Minuten verbessert, das ist nur noch vier Sekunden vom Weltrekord entfernt. Nimmt man die bislang bekannten Zeiten als Maßstab, sollte es kein Problem sein, sich endgültig auch persönlich für Tokio zu qualifizieren.

Vorbereitung für Tokio

Nur gibt es im Sport und im Leben eben keine Garantien, immer kann irgendetwas dazwischenkommen. Das wurde spätestens Anfang 2020 jedem klar, als das Virus kam. „Wir durften zunächst ja gar nicht aufs Wasser und trainieren“, erinnert sich die Architektin an die besonders schwere Zeit im vergangenen Frühjahr. Dann war nicht klar, was mit den paralympischen Spielen wird: Verschiebung, Absage? „Plötzlich gab es keinen Plan mehr“, erinnert sich Pille-Steppat an diese schwierige Zeit: „Man richtet über Jahre alles auf den Tag X aus. Und plötzlich ist das alles weg.“

Alles neu aufzubauen, Motivation und Trainingspläne, das dauerte eine Zeit. Glücklicherweise zieht ihr Arbeitgeber mit, das Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg. Für Training und Wettkämpfe notwendige Freistellungen und Urlaube sind kein Problem. Also entschloss sie sich recht schnell, alles um ein Jahr zu verschieben und sich nun für Tokio 2021 vorzubereiten.

Hamburgs Sportlerinnen lange im Unklaren

Aber auch das war am Anfang nicht so einfach. Das Virus war neu, die Ärzte tappten teilweise noch im Dunkeln. „Uns wurde gesagt, wir sollten uns nicht voll verausgaben“, erzählt sie. Die Ärzte konnten nicht ausschließen, dass dann die Ansteckungsgefahr größer sei. „Erst seit Mitte Mai durfte ich mich wieder voll belasten.“

Nach der Ausscheidung in Köln steht nur noch ein Weltcup am Lago Varese in Italien vom 4. bis 6. Juni an. Und dann Tokio (24. August bis 5. September). Noch ist Sylvia Pille-Steppat nicht geimpft. Mit ihrer MS-Erkrankung zählt sie zur Gruppe drei, da könnte sie demnächst jedoch dran sein. Das wäre gut: „Ich möchte doch lieber geimpft nach Japan fahren.“

Sportgala #digital

Die Nominierten am Dienstag, dem 13. April (19-20 Uhr/Livestream auf abendblatt.de):

  • Sportler: Philipp Buhl (Segeln, WM-Gold), Torben Johannesen (Rudern, EM-Gold), Peter Kadiru (Boxen, deutscher Meister).
  • Sportlerin: Noma Noha Akugue (Tennis, deutsche Hallenmeisterin), Thuc Phuong Nguyen (Badminton, Junioren-EM-Gold im Mixed), Sylvia Pille-Steppat (Pararudern, EM-Bronze).
  • Die Mannschaft des Jahres wird live im Online-Voting gewählt.