Neu-Isenburg. Die Fußballliga will vielfache Verflechtungen von Konzernen im Profifußball verhindern. Bestandsschutz gibt es für VW. Volkswagen-Chef Winterkorn will sich bei De Bruyne raushalten.
Im Der Fall VW und die Beteiligung des Unternehmens in drei Bundesliga-Vereinen wurde viel diskutiert. Auch auf der Ligaversammlung am Donnerstag in Neu-Isenburg. Mit dem Ergebnis: „Zum Schutz von Integrität und Glaubwürdigkeit“ im sportlichen Wettbewerb darf niemand an mehr als drei Kapitalgesellschaften in der 1. und 2. Bundesliga unmittelbar oder mittelbar beteiligt sein. Unterdessen wollen die Bundesligisten den Anfeindungen gegen Zweitligist Leipzig ohne öffentlichkeitswirksame Sofortmaßnahmen begegnen.
Dies beschloss die Ligaversammlung. Doch für Volkswagen bestehe nach Angaben von Christian Seifert wie für andere bisher mehrfach engagierte Konzerne „ein Bestandsschutz“.
Zuletzt sorgte vor allem VW mit der Fußballoffensive für Unmut in der Szene. Der Profibetrieb des VfL Wolfsburg gehört zu 100 Prozent der Volkswagen AG, VW-Tochter Audi ist Anteilseigner beim FC Bayern München, eine Audi-Tochter wiederum am Zweitliga-Spitzenreiter FC Ingolstadt beteiligt.
Verwicklung von Personen
Verwickelt sind auch die Personalien: Beim FC Bayern ist Audi-Chef und Volkswagen-Vorstand Rupert Stadler ebenso im Aufsichtsrat wie VW-Konzernboss Martin Winterkorn. Die VW-Vorstandskollegen Francisco Javier Garcia Sanz (Einkaufschef) und Hans Dieter Pötsch (Finanzchef) sitzen wiederum im Kontrollgremium des VfL Wolfsburg.
Der zweitgrößte Automobilkonzern der Welt sponsert insgesamt 16 Clubs in den beiden höchsten deutschen Ligen. Zudem spielt VW in der 2. Liga mit seinen Töchtern Seat und die VW-Bank beispielsweise bei Eintracht Braunschweig eine gewichtige Sponsorrolle.
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Die große personelle Nähe zwischen zwei klaren Konkurrenten wäre in der Wirtschaft undenkbar. „Natürlich kann das ein Geschmäckle haben, etwa bei Plänen für die möglichen Neuverpflichtungen im Kader“, sagte ein Konzern-Insider. Kritiker befürchten ein VW-Kartell im Profifußball. „Wenn VW das richtig ernst nimmt, werden alle Grenzen gesprengt“, sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Hinblick auf die finanziellen Möglichkeiten beim so erstarkten Europa-League-Viertelfinalisten und Bundesliga-Zweiten VfL Wolfsburg.
„Ich halte mich da raus“
Winterkorn sagte kürzlich im Magazin „Stern“: „Generell sind unsere Engagements immer wirtschaftliche Entscheidungen mit Blick auf den Autoabsatz in den Regionen.“ Auf die Frage, ob künftig der VW-Vorstand mitrede, wo VfL-Stürmerstar Kevin De Bruyne spielt, sagte der Konzernlenker: „Ich halte mich da raus.“
Generell meinte der 67-Jährige über seine Fußballliebe: „Warum sollte man die Leidenschaften Fußball und Auto, die ich habe, nicht geschäftlich verbinden?“ Winterkorn und sein Vorstandsteam sind laut Aktienrecht generell zur „ordentlichen und gewissenhaften“ Geschäftsführung verpflichtet. Diese Sorgfaltspflicht ist einklagbar, wenn beispielsweise die Dividende leidet.
Unternehmen dürfen nach der Satzungsänderung des Ligaverbandes künftig nur bei einem seiner drei Clubs mit zehn oder mehr Prozent beteiligt sein. Mehrheitsbeteiligungen sind aufgrund der 50+1-Regel weiterhin nur nach einer mehr als 20-jährigen ununterbrochenen Förderung möglich - wie es derzeit im Fall von Milliardär Dietmar Hopp bei 1899 Hoffenheim umgesetzt wird.
„Wir sehen keinen akuten Fall, der tatsächlich anstehen würde“, sagte Seifert auf die Frage, ob Clubs von der neuen Regelung derzeit konkret betroffen seien. „Ich sehe nicht, dass sich ein Unternehmen an einem vierten Club beteiligen möchte. Es geht mehr darum, einen bisher ungeregelten Zustand zu regeln.“
Auch RB Leipzig ein Thema
„Jedes einzelne Mitglied des Ligaverbands muss sich ohne Wenn und Aber davon distanzieren. Es kann nicht hingenommen werden, wenn einem Mitglied des Ligaverbands das Existenzrecht abgesprochen wird“, sagte Ligapräsident Reinhard Rauball mit Blick auf die Probleme rund um den umstrittenen „Brauseklub“ aus Sachsen: „Das Prinzip der Solidarität muss greifen.“
Eine konkretes Vorgehen lehnt die Liga ab. „Wir sind keine Freunde von Symbolpolitik. Es kann jederzeit einen anderen Klub treffen“, äußerte Rauball. DFL-Boss Christian Seifert sieht es genauso: „Eine ‘Krisen-Kommission’ würde super klingen, löst ab das Problem nicht.“ Auch die Einführung von personalisierten Eintrittskarten ist nach Ansicht der Klubs kein geeignetes Mittel.
Gelassenheit beim Thema Müller
DFL-Boss Seifert reagierte gelassen auf das Urteil im Fall Heinz Müller. „Es gab bei ähnlichen Fällen schon andere Urteile. Wir verfallen nicht in Panik“, sagte Seifert: „Ich sehe noch nicht, dass dies das Ende der Bundesliga sein wird.“
Für Rauball stehen die Auswirkungen des Richterspruchs noch nicht fest. „Natürlich nimmt man solch ein Urteil immer ernst. Die Versammlung hat sehr ausgiebig darüber gesprochen“, äußerte Rauball: „Da derzeit aber die schriftliche Begründung noch nicht vorliegt, kann man nur sagen, dass der FSV in Berufung gehen wird.“
Am Dienstag war bekannt geworden, dass der ehemalige Torwart Müller in erster Instanz einen Prozess gegen seinen Ex-Klub FSV Mainz 05 gewonnen hatte, dessen Urteil weitreichende Folgen für Vereine und Verbände haben könnte. Müller (36) hatte gegen die Befristung seines Vertrages geklagt - und Recht bekommen.
Ein juristisches Nachspiel könnte auch die Verlegung der WM 2022 in Katar in den Winter für den Weltverband haben. „Die eine oder andere Liga wird darüber nachdenken, juristisch zu hinterfragen, ob man solche Entscheidungen hinnehmen muss“, so Seifert.
(dpa)