Zum Auftakt der Hockey-WM in den Niederlanden gehen die Spiele der Deutschen im Trubel um die Gastgeber unter. 14.000 Fans sorgten zum Auftakt einer Veranstaltung für einen würdigen Rahmen.

Den Haag. Sie sind schon ein lustiges Völkchen, diese Niederländer, was sich vor allem dann zeigt, wenn ihre Landsleute Sport treiben. Dann haben sie größte Freude daran, sich in alle erdenklichen orangefarbenen Kleidungsstücke zu zwängen, die Gesichter in den Landesfarben Blau, Weiß und Rot zu bemalen, die Nationalhymne inbrünstig mitzusingen und Musikinstrumente nicht unbedingt schön, aber dafür laut zum Einsatz zu bringen. Als am Sonnabendabend die Welttitelkämpfe im Feldhockey für Hollands Damenteam mit einem 6:1-Sieg über Japan begannen, war die ganze Bandbreite der Sportbegeisterung zu beobachten. 14.000 Fans im zur Hockeyarena umfunktionierten, 15.000 Sitzplätze bietenden Stadion des Fußballclubs ADO Den Haag sorgten zum Auftakt einer Veranstaltung, die bis zum 15. Juni neue Maßstäbe für den Hockeysport setzen will, für einen würdigen Rahmen.

In den Niederlanden ist Hockey hinter Fußball der populärste Teamsport. Die WM-Begeisterung in Den Haag, der mit 508.000 Einwohnern drittgrößten Stadt des Landes, ist an allen Ecken greifbar, überall wird auf Plakaten, Flaggen und öffentlichen Verkehrsmitteln für das Turnier geworben. Während in Deutschland Sport 1 immerhin rund 30 Partien überträgt, darunter alle Spiele der deutschen Teams, zeigt TV West in den Niederlanden alle 76 Spiele live und hat dafür einen Hockeyschläger in sein Logo integriert. Alle Auftritte der einheimischen Oranje-Teams sind zusätzlich beim öffentlich-rechtlichen Sender NOS zu sehen. Alle nationalen Zeitungen veröffentlichten zum Turnierstart Sonderseiten.

Dass sich die Begeisterung für die Krummstockkünstler allerdings nicht zwingend auf den Erzrivalen aus dem östlichen Nachbarland erstreckt, mussten die deutschen Herren am Sonntagmorgen erkennen. Als der Olympiasieger und amtierende Europameister um 10.30 Uhr zu seinem Auftaktmatch gegen Südafrika in die Fußballarena einlief, verloren sich 500 Zuschauer auf den grünen Sitzschalen. Und auch wenn im Verlauf der Partie einige Hundert weitere Tageskarteninhaber (Tickets für einzelne Spiele sind nicht erhältlich) den Weg vom Frühstückstisch zum Hockeyareal gefunden hatten, war die Kulisse im Vergleich zum Vorabend durchaus enttäuschend. Was noch trauriger war angesichts der ansprechenden Leistung, die die Auswahl von Bundestrainer Markus Weise bot.

„Bis zum 4:0 war es kein leichtes Spiel für uns“

Vom Anpfiff an strahlten die Deutschen Spielfreude aus, sie hatten Tempo und Gegner in jeder Phase unter Kontrolle und mussten sich lediglich vorhalten lassen, mit ihren zahlreichen Torchancen zu fahrlässig umgegangen zu sein. Dennoch sorgten die Treffer des Kölners Christopher Zeller (27., Siebenmeter) und des Mülheimers Thilo Stralkowski (35.) für eine beruhigende Pausenführung. In der zweiten Hälfte war spätestens nach dem Doppelschlag durch den Kölner Mats Grambusch (56.) und Oliver Korn vom Uhlenhorster HC (59.), einem von fünf Hamburgern im 18er-Kader, Entspannung auf der Bank angesagt.

„Bis zum 4:0 war es kein leichtes Spiel für uns, weil wir zwar dominant waren, aber unsere Chancen nicht gut genutzt haben. Das dürfen wir uns schon am Dienstag im nächsten Spiel gegen Argentinien nicht mehr erlauben“, sagte Weise. Welthockeyspieler Tobias Hauke vom Harvestehuder THC, der nach seinem in der Vorbereitung erlittenen Stirnbeinbruch wieder ohne Gesichtsmaske spielte, war von der Leistung seines Teams durchaus angetan. „Sicherlich war Südafrika nicht die Kragenweite, die uns hier noch erwartet, aber für ein Auftaktspiel war das ein sehr ordentlicher Auftritt“, sagte er.

Pommes auf der Tribüne verboten

Etwas gedämpfter war die Stimmung im Lager der deutschen Damen, die trotz drückender Überlegenheit in ihrem Auftaktspiel am Sonntagnachmittag gegen China, das nur auf Spielzerstörung und Konter aus war, über ein 1:1 nicht hinauskamen. Weil sie nach dem 1:0 durch Hannah Krüger (Münchner SC/60.) kurzzeitig die Spannung verloren und postwendend den Ausgleich kassierten, machte Bundestrainer Jamilon Mülders süß-saure Miene zum ordentlichen Spiel. „Wer so ein billiges Tor kassiert, muss sich an die eigene Nase fassen. Dennoch sollte man nicht alles schlechtreden, die WM ist ja jetzt nicht vorbei. Am Dienstag geht es gegen Südafrika um drei wichtige Punkte“, sagte er. Das Ende der Partie, die im Greenfields-Stadion, dem 7000 Zuschauer fassenden und über weite Strecken des Spiels voll besetzten Ausweichplatz im Hockeypark, ausgetragen wurde, erlebten nur noch 300 Besucher, denn um 16 Uhr hatten die niederländischen Herren ihren ersten Auftritt gegen Argentinien, und den 3:1-Sieg wollten selbstverständlich die Oranje-Fanmassen nicht verpassen.

Bei all der sympathischen Fröhlichkeit, die das erste WM-Wochenende ausstrahlte, war es umso überraschender zu erleben, wo für niederländische Ordnungskräfte der Spaß aufhört. Pommes frites dürfen nicht mit auf die Tribüne genommen werden. Begründung: Sie würden zu oft als Wurfgeschoss missbraucht. Sie sind schon ein lustiges Völkchen, diese Niederländer.