Nach dem Abschlussbericht „Doping in Deutschland von 1950 bis heute“ der Humboldt Universität belegt ein Schreiben des früheren Fifa-Funktionärs Mihailo Andrejevic, dass drei deutschen Fußballern 1966 „feine Spuren“ Ephedrin nachgewiesen wurden.

Heidelberg/München/Berlin. Uwe Seeler hat sich als Kapitän der deutschen WM-Mannschaft von 1966 gegen erneut erhobene Vorwürfe eines Ephedrinmissbrauchs von Fußball-Nationalspielern gewehrt. „Ich halte von Doping gar nichts. Ich habe auch nicht gedopt, ich kenne auch keinen, der gedopt hat“, sagte der 76-jährige Hamburger bei der Feier zum 50. Geburtstag der Fußball-Bundesliga in Berlin.

„Ich höre das auch. Wenn, dann muss man Namen nennen, die das gemacht haben“, forderte Seeler. Nach dem jetzt veröffentlichten Abschlussberichts „Doping in Deutschland von 1950 bis heute“ der Berliner Humboldt Universität belegt ein Schreiben des früheren Fifa-Funktionärs Mihailo Andrejevic, „dass drei deutschen Fußballern am Ende des Turniers ’feine Spuren’ Ephedrin nachgewiesen wurden.“

Hier geht’s zur Studie

Der Deutsche Fußball-Bund hat bereits auf eine Studie des Jura-Professor Martin Nolte von der Sporthochschule Köln verwiesen, die sich intensiv mit dem Thema befasst hat und zu dem Ergebnis gekommen sei, „dass bei der WM 1966 kein Dopingvergehen vorlag“, hatte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker erklärt. „Ich habe in meinem Kreis, in meiner Zeit keinen kennengelernt, der gedopt hat. Wir haben hart gearbeitet, wir sind viel gelaufen und haben nie Probleme gehabt ohne Doping“, betonte Idol Seeler, der in 72 Länderspielen 43 Tore für Deutschland erzielt hat.

Für Oliver Bierhoff ist Doping im deutschen Fußball „schwer vorstellbar“, sagte der Manager der aktuellen Nationalmannschaft in Berlin: „Aber wenn es Zweifel gibt, wenn es Anhaltspunkte gibt, müssen wir dem nachgehen. Und ich weiß, das werden wir auch.“ Die Anschuldigungen eines Ephedrinmissbrauchs waren bereits im November 2011 bekanntgeworden. Bei dem Endrundenturnier in England hatte der Weltverband Fifa erstmals bei einer WM Dopingkontrollen eingeführt. Laut Fifa waren alle Proben der WM 1966 negativ.

Prokop fordert, „Ross und Reiter“ zu nennen

Auch der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, fordert die Nennung konkreter Namen. „Es müssen Ross und Reiter genannt werden“, verlangte Prokop am Dienstag bei einer Pressekonferenz in München und mahnte die Veröffentlichung der bisher zurückgehaltenen Langfassung der Studie an. Nur so könne auch der nun aufgekommene „Generalverdacht“ gegen bundesdeutsche Athleten ausgeräumt werden.

Bei der Studie handele es sich um ein „sehr erschreckendes Dokument“, betonte der Leichtathletik-Präsident. Er hoffe jedoch, dass dieses bewirke, dass nun auch „die letzten Zweifler in Sport und Politik“ zum Umdenken bewegt werden könnten. „Jetzt ist die Zeit zum Handeln gekommen.“ Ziel müssten „ganz klar strafrechtliche Regelungen“ sein, betonte Prokop. „Es geht um die Glaubwürdigkeit des Sports und der Sportler.“

Bayerns Justizministerin Beate Merk bekräftigte ihre Forderung nach einem umfassenden Anti-Doping-Gesetz. „Wir müssen handeln, aufdecken, nicht länger zudecken“, forderte die CSU-Politikerin. Die Sportverbände müssten zur Kenntnis nehmen, dass sie die Probleme alleine nicht bewältigen könnten. „Systematisch aufklären, systematisch strafen kann der Sport nicht.“ Es sei an der Zeit, „endlich ein Doping-Strafrecht zu schaffen, das seinen Namen verdient“, betonte Merk.