Die Nigerianer sind euphorisch und wollen die WM aufmischen. Neben Martins und Obasi könnt auch der Hamburger Aogo für die Afrikaner auflaufen.

Lagos. Die Super Eagles träumen wieder vom Höhenflug. Als Nigeria Mitte November durch ein 3:2 in Kenia nach zwei Toren des Wolfsburgers Obafemi Martins souverän und ohne Niederlage die Qualifikation für die WM-Endrunde 2010 in Südafrika gemeistert hatte, kannte die Begeisterung im bevölkerungsreichsten Land des schwarzen Kontinents mal wieder keine Grenzen mehr. Und Altstar Nwankwu Kanu gab sich erst gar keine Mühe, die Euphorie zu bremsen.

«Wir können in Südafrika ganz weit kommen», sagte der 33 Jahre alte Stürmer, der mittlerweile in der englischen Premier League beim FC Portsmouth sein Geld verdient. Nach der verpassten Qualifikation für die WM 2006 in Deutschland ist das Selbstvertrauen zu den Eagles zurückgekehrt. Die letzte Niederlage kassierte das Team von Trainer Shaibu Amodu am 19. November 2008 in einem Länderspiel in Kolumbien (0:1). Im Jahr 2009 hielt sich die Elf in zehn Spielen schadlos. Dass sie auch gegen Europas Elite mithalten kann, bewies sie beim 1:0-Sieg in Frankreich.

Der 51-jährige Amodu, der bereits 1996 und 2000 zweimal kurzzeitig den Chefposten inne hatte und im Februar 2008 dem frustriert zurückgetretenen Berti Vogts nachfolgte, kann wie alle seine Vorgänger auf einen Pool von Spielern mit gewaltigem Potenzial zurückgreifen. Michael Ballacks Klubkollege John Obi Mikel vom FC Chelsea, Ikechukwu Uche von Real Saragossa, Peter Odemwingie von Lokomotive Moskau und Martins sind seine Stützen, Chinedu Obasi von 1899 Hoffenheim spielt dagegen noch nicht die ganz wichtige Rolle.

Ein weiterer Kandidat aus der Bundesliga für Südafrika ist U21-Europameister Dennis Aogo vom Hamburger SV. Angeblich drängen die Nigerianer ihren «verloren Sohn» heftig, künftig für die Eagles aufzulaufen. Die Aussicht, bei der WM-Endrunde auflaufen zu dürfen, lassen Aogo nachdenklich werden: «Das macht es sehr interessant.» Die Nationalspieler werden in einem der fußballverrücktesten Länder der Welt wie Volkshelden verehrt. Sunday Oliseh übertrieb nicht, als er nach dem Olympiasieg 1996 sagte: «Jetzt sind wir Götter.» Der ehemalige Kölner, Dortmunder und Bochumer Bundesligaprofi hatte sein Team in Atlanta als Kapitän zum Triumph geführt.

Bei Weltmeisterschaften hoffte das Land aber bislang vergeblich auf das große Glück. 1994 bei der ersten WM-Teilnahme avancierten Oliseh, Daniel Amokachi, Augustine «Jay-Jay» Okocha, Finidi George und Co. zwar zu Publikumslieblingen, aber im Achtelfinale war nach dem bitteren 1:2 nach Verlängerung gegen den späteren Vize-Weltmeister Italien Endstation. Vier Jahre später erreichte Nigeria erneut die K.o.-Runde. Das 1:4 gegen Dänemark stürzte die Fans damals in die Verzweiflung, weil ihre Lieblinge spätestens nach dem furiosen 3:2-Sieg gegen Spanien als Mitfavoriten auf den Titel galten.

Danach häuften sich die Enttäuschungen, und die Anhänger reagierten mit Liebesentzug. Auch Berti Vogts konnte bei seinem missglückten Gastspiel ein Lied davon singen. «Würden weiße Journalisten mit einem schwarzen Trainer so umgehen, dann glaube ich, dass man von Rassismus sprechen würde», sagte der 96-malige Nationalspieler, kurz bevor er im Februar 2008 nach dem Viertelfinale-Aus gegen Ghana beim Afrika-Cup und nicht einmal einem Jahr zurücktrat.