Während sich Fulham über die Anreise beschwert, muss Bruno Labbadia um seinen Job fürchten. Guerrero steht vor Startelf-Rückkehr.

Hamburg. Wegen der 17-stündigen Anreise sieht sich die Mannschaft des FC Fulham im Halbfinal-Hinspiel der Fußball-Europa- League beim Hamburger benachteiligt.

„Das war keine optimale Vorbereitung. Es wird schwierig für uns“, sagte Trainer Roy Hodgson am Mittwochabend in Hamburg. Auf der letzten Etappe von Dortmund, wo die Mannschaft übernachtet hatte, in die Hansestadt stand der Bus auf der Autobahn im Stau. „Wir hatten heute drei Stunden zum Warmmachen auf der Autobahn“, sagte Fulhams Keeper Mark Schwarzer. Der Tabellen- Zehnte der englischen Premier League musste wegen des Flugverbots auf Zug und Bus ausweichen.

Nach dem Bundesliga-Absturz muss Trainer Bruno Labbadia den Schalter in der Europa League umlegen, sonst kann er sich wohl einen neuen Job suchen. Nach nur zehn Monaten ist der 44 Jahre alte Coach des Hamburger SV am Donnerstag (21.05 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) zum Siegen verdammt.

"Kleinigkeiten werden dieses Spiel entscheiden", ist sich der Coach sicher. "Fulham steht sehr geordent und diszipliniert in der Abwehr, trotzdem sind sie in der Lage vier Tore zu schießen wie gegen Juventus."

Nur ein Einzug ins Finale am 12. Mai im eigenen Stadion kann Labbadia retten, denn auch der Vorstand des Bundesliga-Siebten hat registriert, dass der Übungsleiter kaum noch Autorität bei seinen Führungsspielern genießt. Da muten die Anreiseprobleme der West-Londoner, die wegen der Vulkan-Asche die rund 900 Kilometer lange Strecke via Brüssel per Bus- und Zug plus Zwischenübernachtung in Dortmund bewältigen mussten, banal an.

Raus aus der Liga-Tristesse, rein ins Europa-Vergnügen, lautet die HSV-Parole. Ob es jedoch wieder so einfach sein wird, bezweifeln viele an der Elbe. Denn den Respekt im Mannschaftskreis hat sich Labbadia nicht zuletzt durch die öffentliche Vorführung von Torhüter Frank Rost wegen der Kino-Affäre verscherzt. Zwei gute Auftritte gegen Wolfsburg-Bezwinger Fulham sollen das gestörte Verhältnis zumindest kurzfristig überdecken. Dass die explosive Stimmung die Motivation anheizen kann, glaubt jedenfalls Ruud van Nistelrooy: „Das kann auch helfen. Wir können Historisches erreichen.“

Besonders eifrig wird sich der in der Bundesliga gesperrte Paolo Guerrero präsentieren, der in seinem ersten Heimspiel nach dem Flaschenwurf einiges gutzumachen hat bei den Fans. Die Mehrzahl der deutschen Fußball-Fans will den Peruaner auch in der Bundesliga weiter für den Hamburger SV spielen sehen. 51,7 Prozent der Befragten sprachen sich in einer Umfrage des SID für eine Rückkehr des Peruaners ins Bundesliga-Trikot des HSV aus.

Möglicherweise denken einige Aktuere im HSV-Team an ihre eigene Karriere, wenn sie in der Europa League plötzlich schneller laufen als in der Bundesliga: Die Spione der Topclubs sitzen auf der Tribüne. Ins Viesier soll insbesondere Dennis Aogo geraten sein, der laut „Bild“-Zeitung schon viermal vom AC Mailand unter die Lupe genommen wurde. "Ich habe auch von diesem Interesse gehört", antwortet Aogo vielsagend, will sich aber auf die Euro-League konzentrieren. "Die Erinnerung an die letzte Saison ist noch gut vorhanden, der Schmerz noch nicht verdaut. Wir werden mit Wut im Bauch antreten." Vor rund einem Jahr scheiterten die Hamburger im Halbfinale an Werder Bremen.

Ob sich der zweite U-21-Europameister nach Jerome Boateng trotz Vertrages bis 2012 Richtung Ausland orientiert, hängt sicherlich auch vom Ausgang des neunten Europacup-Halbfinales in der Geschichte des Bundesliga-Dinos ab. Fünfmal konnten die Hanseaten bereits in ein Endspiel einziehen. „Es ist ein anderer Gegner als Lüttich, Anderlecht oder Eindhoven. Premier League ist ein anderes Niveau. Außerdem geht es für sie seit Wochen um nichts mehr“, sagte van Nistelrooy, der die „Cottagers“ aus seiner Zeit bei Manchester United kennt. „Sie spielen in beiden Wettbewerben fast mit zwei verschiedenen Teams“. Die Erfahrung von Trainer Roy Hodgson ist zudem ein Pfund, mit dem der Tabellenzehnte wuchern kann. Der Coach formte eine starke Defensive, die oft zu null spielt. Sein Team warf aufsehenerregend Titelverteidiger Schachtjor Donezk und Juventus Turin aus dem Rennen und steht erstmals in einer europäischen Vorschlussrunde. „Vorne sind sie gefährlich über Damien Duff auf der linken Seite und Bobby Zamora im Sturm“, erklärte van Nistelrooy. Doch der Niederländer lässt keinen Zweifel am eigenen Ziel: „Nicht ins Finale einzuziehen wäre ein Desaster -undenkbar, dass wir scheitern könnten.“

Nach Ansicht des Sportwettenanbieters bwin werden der Hamburger SV und der FC Liverpool das Finale bestreiten. Bwin bietet derzeit die Final-Quoten von 1,50 auf Liverpool und 1,53 auf den HSV an. Zum Vergleich: HSV-Halbfinal-Gegner FC Fulham wird momentan mit der Endspiel-Quote 2,35 gehandelt, während bei einem Weiterkommen von Liverpool-Kontrahent Atletico Madrid das 2,4-Fache des Einsatzes winkt. Favorit auf den Triumph in der Europa League sind die Reds des FC Liverpool mit der Quote 2,65. Dicht dahinter folgt der HSV mit der Gesamtsieger-Quote von 2,80. Wer nach der Auslosung Ende August 2009 auf die Hanseaten als Europa-League-Sieger getippt hatte, konnte sich damals noch die Quote 14,00 sichern.

Voraussichtliche Aufstellungen

Hamburger SV: Rost – Demel, Boateng, Mathijsen, Aogo – Jarolim, Zé Roberto – Pitroipa, Trochowski – van Nistelrooy, Guerrero

FC Fulham : Schwarzer – Konchesky, Hangeland, Hughes, Baird - Davies, Etuhi, Murphy, Duff – Gera – Zamora Schiedsrichter: Claus Bo Larsen (Dänemark)