Im Olympiastützpunkt am Dulsbergbad wird der 22-Jährige rundum betreut. Morgen Nachmittag will er dort seine Bestmarke verbessern.

Hamburg. Das Rennen gehörte ursprünglich zum Beiprogramm, jetzt soll es der Höhepunkt des zweitägigen Hamburger Sprintcups werden. Wenn am Sonnabend um 16.49 Uhr im Dulsbergbad der Startschuss über 50 Meter Schmetterling fällt, werden alle Augen auf Steffen Deibler gerichtet sein. Der 22 Jahre alte Student ist der neue Hoffnungsträger des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein - und seit sechs Tagen Weltrekordler auf der Kurzbahn (25 Meter).

"Ob ich meine Bestmarke morgen noch mal steigern kann, weiß ich nicht, zutrauen würde ich es mir schon", sagt Deibler. Der Rekord hat ihn selbstbewusst gemacht. "Aber", schränkt er ein, "ich bin seit Wochen voll im Aufbautraining und hatte zuletzt kaum Erholungsphasen. Irgendwann fehlt dir dann die Kraft. Dieser Wettkampf ist nur ein Trainingstest, wir haben uns auf ihn nicht speziell vorbereitet. Es muss alles passen, damit ich den Weltrekord verbessern kann."

In Aachen, wo am 24. Oktober die elektronische Zeitmessung nach 22,06 Sekunden für Deibler stehen blieb, passte nicht alles. "Der Startblock entsprach nicht internationalem Standard, Steffens Start war nicht optimal, sein Anschlag am Ende auch nicht. Da waren mindestens noch drei Zehntelsekunden Luft", analysierte Petra Wolfram das Rennen. Wolfram ist Cheftrainer am Bundesstützpunkt Schwimmen in Hamburg. Sie leitet das Team, das Deibler schnell macht.

Olympiastützpunkte (OSP) verstehen sich als Serviceeinrichtungen für Spitzensportler. In Hamburg finden Schwimmer seit Jahren beste Bedingungen vor. Genutzt haben sie wenige. Immer noch stehen Aufwand und Ertrag (Medaillen) am Dulsbergbad nicht im erhofften Verhältnis. Deibler soll die Wende bringen.

Heute reicht ein einziger Trainer nicht mehr, um Sportler an ihre Leistungsgrenzen zu führen. Deibler hat vier: Petra Wolfram, Jörg Freyher, Veith Sieber und Hauke Meyer-Koop. Die ersten drei sind fürs Schwimmen, für Technik, Taktik, Belastungsintensitäten und -umfänge zuständig, Meyer-Koop für Athletik und Muskelaufbau. Trainingswissenschaftlerin Janina Gerkens wertet Deiblers Leistungen aus, besonders in der Gegenstromanlage, einer drei Millionen Euro teuren High-Tech-Einrichtung, von der es etwa 20 auf der Welt gibt.

Für das körperliche Wohlbefinden sorgen Physiotherapeut Ulf Dikof und Osteopath Johannes Fetzer, für die mentale Frische der Hamburger Psychologe Ortwin Meiss. Er arbeitet erst seit Kurzem mit Deibler zusammen.

Britta Herrschaft ist die Laufbahnberaterin des OSP. Für Deibler regelt sie mit der Hochschule für Angewandete Wissenschaften (HAW) am Berliner Tor die Organisation seines Studium der Umwelttechnik. Leistungssportler fehlen öfter und können Klausuren nicht immer an den vorgesehenen Terminen schreiben. Vor 14 Monaten zog Deibler aus dem oberschwäbischen Biberach am Riß nach Hamburg. "Was ich unterschätzt habe, waren die körperlichen Auswirkungen der Doppelbelastung von Studium und Sport", sagt er im Rückblick. Bei den Weltmeisterschaften Ende Juli in Rom kraulte er deshalb der Konkurrenz hinterher, schied über 50 und 100 Meter Freistil im Vorlauf aus. Im Studium will Deibler nun sein Pensum verringern, das im Becken erhöhen.

Fernziel sind die Olympischen Spiele 2012. Und Deibler scheint alle Voraussetzungen mitzubringen, in London um Medaillen mitschwimmen zu können. Unterstützen könnte ihn dabei die vom Weltverband Fina zum 1. Januar 2010 verordnete Rückkehr zur Badehose. Zwar stellte Deibler seinen Weltrekord im Ganzkörperanzug einer italienischen Firma auf, aber ohne die Kunststoffverkleidung, glaubt Trainerin Wolfram, sollten seine Stärken noch besser zum Tragen kommen. Das Textil begünstigt kräftige Schwimmer und gleicht deren technische Defizite und ihre schlechte Wasserlage aus.

Deibler, 1,85 Meter groß und nach dem Zuwachs von drei Kilo Muskelmasse 82 Kilogramm schwer, braucht diese Hilfe nicht. Er gilt als einer der technisch besten Schwimmer der Welt. Einer der schnellsten ist er inzwischen auch. "Er ist noch lange nicht am Ende seiner Möglichkeiten angelangt", sagt Petra Wolfram. Das lässt hoffen, auch für morgen.

3. Hamburger Sprintcup im Dulsbergbad (U 1 Alter Teichweg): Finalrennen: Sonnabend 15.30-19 Uhr, Sonntag 13.15-16 Uhr. Eintritt ist frei. Weitere Infos: www.hamburger-sprintcup.de