Nach der 26:32-Niederlage gegen Ciudad Real bemühen sich die Handballer des HSV Hamburg um die Rückkehr zur Normalität.

Hamburg. Selbstkritik gehört zu den Tugenden der Handballer des HSV. Das schätzen Trainer Martin Schwalb und Präsident Andreas Rudolph. Und deshalb scheute sich nach der 26:32-Heimpleite gegen Ciudad Real niemand, die Probleme öffentlich anzusprechen. "Das war ein Schuss vor den Bug zur rechten Zeit", meinte Sportchef Christian Fitzek am Tag nach dem Vorrundenspiel der Champions League. "Wir sind überall, selbst in Spanien, als eine Art Übermannschaft bezeichnet worden. Die sind wir nicht. Aber vielleicht haben einige von uns ein bisschen Gefallen an diesem Gedanken gefunden. Uns fehlte jedenfalls die nötige Grundaggressivität, der letzte Biss. Das war entscheidend."

Nur mit einem von Beginn an energischem Auftreten, "mit Schaum vor dem Mund" (Fitzek), sei ein Gegner der Klasse Ciudad Reals zu bezwingen. Die Spanier haben bereits dreimal die Champions League gewonnen, der HSV dagegen war in diesem Wettbewerb zweimal im Halbfinale an Ciudad Real gescheitert - und hat nun vier der fünf Duelle verloren. "Das ändert nichts daran, dass die Hamburger eine Weltklassemannschaft sind", sagte Talant Dujshebaev, der Trainer des Titelverteidigers. Die schönen Worte des ehemaligen Welthandballers vernebelten den Hamburgern nicht die Sinne. "Jeder muss sich an die eigene Nase fassen. Das war definitiv zu wenig, von jedem Einzelnen von uns", sagte Kapitän Guillaume Gille. Das stimmte nicht ganz. Der Franzose brachte seine (gute) Leistung, warf fünf Tore aus dem Rückraum.

Bei der Suche nach Erklärungen für den "rabenschwarzen Tag" (Gille) stieß Sportchef Fitzek allerdings auf ein überwunden geglaubtes Phänomen. "Wenn einer bei uns schlecht spielt, lassen sich gern alle davon anstecken." Das sehe in der Praxis dann oft so aus, dass niemand sich mehr einen Wurf zutraue, der Ball durch die Reihen wandere und selbst aus guten Positionen nicht mehr aufs Tor geschossen werde, weil plötzlich das Selbstvertrauen fehlt. Dadurch spiele sich die Mannschaft selbst in Schwierigkeiten. Der Grund für dieses Verhalten sei in dem integren Charakter der Mannschaft zu suchen, glaubt Fitzek. "Jeder schätzt den anderen, respektiert ihn. Diese Solidarität ist einerseits bewundernswert, in dem konkreten Fall aber wird sie zum Problem."

Mit der Verpflichtung der Kroaten Domagoj Duvnjak, Igor Vori und Blazenko Lackovic hoffte der HSV, diese Mentalität durchbrechen zu können. Und die ersten Saisonspiele, besonders der Supercup-Erfolg gegen den deutschen Rekordmeister THW Kiel und der erste Auswärtssieg bei den Rhein-Neckar Löwen, schienen diese Annahme zu bestätigen. Gegen Ciudad Real folgte der Rückfall. Das Resultat der kollektiven Unpässlichkeit: 26 Fehlwürfe.

"Diese Niederlage war kein Rückschritt, sondern nur eine Momentaufnahme. Wir lassen uns nicht verrückt machen", plädierte Trainer Schwalb für die Rückkehr zur Normalität. "In so einer Begegnung brauchst du jedoch auch Torhüter, die zwei, drei schwere Bälle wegnehmen. Die hatten wir diesmal nicht, Ciudad Real hatte einen in der Person von José Javier Hombrados." Als Kritik an Johannes Bitter und Per Sandström wollte Schwalb seine Worte nicht verstanden wissen. Beide werden schließlich noch gebraucht. "Sie sind beides hervorragende Torhüter", sagte der Coach.

Hinter den Kulissen bemüht sich der Klub aber offenbar um einen Nachfolger für Sandström. Der Vertrag des Schweden endet nach dieser Saison. Ein Kandidat ist der deutsche Nationaltorhüter Niko Katsigiannis. Am Sonntag (17.45 Uhr, DSF live) stellt sich der 28-Jährige mit GWD Minden zum Bundesligaspiel gegen den HSV in der Color-Line-Arena vor.

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