Wer Michael Behrmann in diesen Tagen bei der Hockey-EM in den Niederlanden trifft, erlebt in der Regel einen gut gelaunten Mann.

Amstelveen. Der 42 Jahre alte Damen-Bundestrainer Michael Behrmann hat allen Grund zur Freude, marschierte er doch mit seinem Team ohne Punktverlust ins heutige Halbfinale gegen England (19 Uhr/Eurosport 2).

Noch im Herbst vergangenen Jahres hatte die berufliche Stimmungslage beim Hamburger gemäß der Jahreszeit dagegen eher trüben Charakter. Nach Platz vier bei Olympia in Peking war in Teilen der Mannschaft Kritik am Coach aufgekommen. Als die Nationalspielerinnen dann auch noch ihren beliebten Co-Trainer Markus Lonnes verloren, drohte die Lage zu eskalieren.

E-Mails wurden hin und her geschickt, ein Wort ergab das andere. Es soll keine einheitliche Position der Damen gegen Behrmann gegeben haben, heißt es aus Kreisen des Teams, und doch war später von einer Beinahe-Revolte die Rede. Ein Machtwort des Deutschen Hockey-Bundes beendete schließlich die Debatte um Behrmanns Zukunft. "Wir waren im Trainerteam sehr selbstkritisch und haben die Gründe für die am Ende nicht zufriedenstellende Leistung klar analysiert", sagt Behrmann heute. "Dies hat mir bei einigen Spielerinnen gefehlt, was zielführender gewesen wäre, als über Personen zu diskutieren."

Mittlerweile gibt es mit Kais Al Saadi, lange Jahre Jugendtrainer beim Uhlenhorster HC, einen neuen, angesehenen Assistenzcoach, auch die Mannschaft hat nicht mehr das gleiche Gesicht. Dennoch bleibt die Frage, wie die Frauen nach einer solch elementaren Krise mit dem gleichen Trainer plötzlich wieder von Sieg zu Sieg eilen können?

Während Behrmann darauf verweist, Differenzen ausgeräumt zu haben und Kritikpunkte wie die Abgabe von zu vielen Kompetenzen an seinen Stab erfolgreich angegangen zu sein, kann aufseiten der Nationalspielerinnen die Gründe für den Schulterschluss wohl niemand besser als Natascha Keller beurteilen. Die ruhige 32-Jährige ist Teamälteste und mit 340 Einsätzen auf dem Weg zur Rekordnationalspielerin. Keller wurde wie ihr Vater Christian und ihre Brüder Andreas und Florian Olympiasiegerin, erlebte aber auch Enttäuschungen wie ebenjene verpasste Medaille in Peking. "Wer nicht mit Michi als Trainer leben konnte, hätte seine Konsequenzen ziehen können", sagt die Berlinerin. "Das hat, soweit ich weiß, aber niemand getan. Es gibt also keinen Grund, nicht gut zusammenzuarbeiten."

Behrmanns Festhalten an seinem Job wertet die Stürmerin, die gegen Irland ihr 169. Länderspieltor erzielte, wiederum als Zeichen seines gewachsenen Selbstvertrauens. Bei seinem Amtsantritt im Jahr 2006 hatten viele in dem ehemaligen Juniorentrainer nur eine Notlösung gesehen, ein Jahr später wurde der als zu unerfahren und sanft geltende Behrmann mit den Damen Europameister. Pünktlich zur angestrebten Titelverteidigung scheint Coach und Team nun ein erfolgreicher Neustart gelungen zu sein. "Im Moment ist alles harmonisch", sagt Keller. "Sollten wir das Halbfinale verlieren und nur Dritter oder Vierter werden, ist das vielleicht schon wieder anders."