Im Sportpark Kreideberg in Lüneburg präsentierte sich am Wochenende Europas Handball-Elite. So nah kamen die Fans Ivano Balic & Co. nur selten.

Lüneburg. THW Kiel, VfL Gummersbach, RK Croatia Zagreb, Chehovskie Medvedi Moskau, MKB Veszprem KC und SC Magdeburg – die Liste der Teilnehmer des International Handball Cup, der am Wochenende (14.-16. August) im beschaulichen Heidestädtchen Lüneburg zugunsten des Projektes „Kinder von Tschernobyl“ ausgetragen wurde, versprach Zuschauern und Fans schon im Vorwege der hochkarätig besetzten Veranstaltung Spitzenhandball auf Weltniveau.

Der Name von Ausnahmespieler Ivano Balic war nur einer von vielen, der auf den Spielberichtsbögen des Turniers auftauchte und bei den täglich fast 1000 Besuchern wahre Begeisterungsstürme auslöste. Wann immer der Kroate durch die Halle schlenderte, folgte ihm eiligen Schrittes ein mit Filzstiften und T-Shirts bewaffneter Tross Kinder und Jugendlicher, um Unterschriften und Fotos des Spielmachers zu ergattern.

Für manch einen Akteur mögen die absolvierten Testspiele angesichts dessen weitaus weniger anstrengend gewesen sein, als der nach Spielende stets Kräfte raubende Unterschriftenmarathon, den die Spieler geduldig und mit einem Lächeln über sich ergehen ließen.

Selbst Magdeburgs Noch-Manager Stefan Kretzschmar wurde in regelmäßigen Abständen von Fans und Anhängern belagert. Der ehemalige Nationalspieler signierte sogar mehr Plakate als die Spieler der jungen Magdeburger Truppe, die er trotz Bitte um sofortige Vertragsauflösung nach Lüneburg begleitet hatte. „Ich gebe noch immer gerne Autogramme“, kommentierte Kretzschmar seine anhaltende Beliebtheit, „alles andere wäre ja auch unnormal.“

Wie es derweil um die Zukunft des extrovertierten Ex-Sportlers aus Magdeburg steht, ist nicht bekannt. Ob und wann Kretzschmars Kontrakt bei den Magdeburger Gladiators beendet wird, entscheidet das Präsidium des SC. Über seine persönlichen Pläne wollte der ehemalige Weltklassespieler keine Auskunft geben. „Fest steht nur, dass ich dem Handball sicher nicht verloren gehen werde“, sagte der 36-Jährige.

Für das Lüneburger Turnier hatte Kretzschmar wie alle anderen Verantwortlichen, Trainer und Spieler der Top-Klubs darüber hinaus nur lobende Worte parat. Selten habe er ein so hochklassiges Teilnehmerfeld erlebt, so Kretzschmar. Dass die Magdeburger Mannschaft etwa dem personell geschwächt angetretenen THW Kiel und der ungarischen Meistermannschaft Veszbrem spielerisch deutlich unterlegen war, wunderte den ehemaligen Linksaußen wenig. „Wir hatten sicherlich nicht das Niveau der anderen Teams“, so seine nüchtern klingende Bilanz.

Doch nicht Triumph oder Turniersieg standen für die meisten der angereisten Mannschaften im Mittelpunkt der Lüneburger Veranstaltung, sondern die Sondierung der eigenen Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den nahenden Saisonstart. Für Sead Hasanefendic, Trainer des VfL Gummersbach, galt es nach eigenem Bekunden vor allem herauszufinden, wo genau sein Team zu diesem Zeitpunkt der Vorbereitungsphase im europäischen Vergleich steht. „Wir haben wertvolle Spieler abgeben müssen und finanzielle Sorgen zu beklagen“, sagte er und zeigte sich nach Turnierende dennoch zufrieden mit der Leistung des amtierenden EHF-Pokalsiegers. „Wir haben zwar im Turnierverlauf abgebaut, aber ich bin überrascht von der kämpferischen Leistung meiner Mannschaft“, so der 51-Jährige.

Robert Gunnarsson, Kreisläufer und Mannschaftskapitän des VfL, konnte die Einschätzung seines Trainers nur bestätigen: „Ich glaube, dass wir den Wechsel von Momir Ilic zum THW Kiel gut kompensieren konnten. Wichtig ist jetzt, dass wir möglichst verletzungsfrei in die kommende Spielzeit starten.“

Von Verletzungsfreiheit kann ein anderer Top-Klub unterdessen nur träumen. Der deutsche Rekordmeister THW Kiel reiste personell geschwächt nach Lüneburg und überzeugte über weite Strecken der drei Wochenendpartien dennoch durch individuelle Stärke, spielerische Disziplin und eine enorme Kampf- und Leistungsbereitschaft. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, bekannte Kiels Mannschaftskapitän Marcus Ahlm, „aber wir haben sicherlich eine Art Sicherheit in unserem Spiel und wissen, was wir trotz sechs verletzter Mannschaftskollegen zu leisten im Stande sind.“

Dass dennoch nicht alles rund lief beim deutschen Meister, zeigte sich im letzten Sonntagsspiel gegen den Balic-Klub RK Zagreb. „In der ersten Halbzeit haben wir wirklich schlecht gespielt“, so Ahlm. Das Halbzeitergebnis von 15:16 zugunsten der Kroaten konnten die Norddeutschen im Verlauf der zweiten Spielhälfte dennoch – dank eindringlicher Worte von Trainer Alfred Gislason und ohne die verletzten Jicha, Lund und Palmarsson – zu einem am Ende souveränen 33:26-Sieg ummünzen. Ein Ergebnis, das auch Weltklasse-Torhüter Thierry Omeyer positiv stimmte. „Wir blicken dem Saisonstart absolut zuversichtlich entgegen“, sagte der Olympiasieger aus Frankreich.

Für Spieler und Verantwortliche war das Lüneburger Turnier, das am Ende die starken Ungarn aus Veszprem für sich entscheiden konnten, ein Erfolg auf ganzer Linie. Ein Prüfstein auf dem Weg in die neue Spielzeit, der Laune auf spannende Duelle in Bundesliga und europäischen Wettbewerben und wohl auch auf eine erhoffte Wiederholung der Veranstaltung im kommenden Jahr machte.