Der Brasilianer spricht über seinen schweren Start, lange Telefonate und sein Geschenk für Bruder Luisão.

Abendblatt:

Senhor Silva, nach dem Uefa-Cup-Spiel gegen Aston Villa beginnt ihr wohlverdienter Urlaub. Freuen Sie sich schon auf Ihre Reise ins warme Brasilien?

Alex Silva:

Auch wenn ich mich während der Ferien um meinen umgeknickten Fuß kümmern muss, freue ich mich sehr auf das Weihnachtsfest mit der Familie.



Abendblatt:

Sie spielen beim HSV, Ihr Bruder bei Benfica Lissabon. Wie muss man sich also das Weihnachtsfest in der Familie Silva vorstellen?

Silva:

Wir werden jedenfalls nicht unter dem Weihnachtsbaum noch über Fußball diskutieren. Eigentlich feiern wir ein ganz normales Fest - mit gutem Essen und vielen Geschenken.



Abendblatt:

Was schenkt man einem Fußballer zu Weihnachten?

Silva:

Meinem Bruder schenke ich ein HSV-Trikot. Er sammelt die Trikots von den Klubs, bei denen ich schon gespielt habe.



Abendblatt:

Haben Sie Ihren Bruder im Sommer um Rat gefragt, bevor Sie beim HSV einen Vertrag unterschrieben?

Silva:

Natürlich haben wir darüber gesprochen. Schließlich ist er mein älterer Bruder.



Abendblatt:

Und? Was hat er Ihnen geraten?

Silva:

Er hat nur Gutes über die Bundesliga und den HSV berichtet. Er riet mir zu dem Wechsel.



Abendblatt:

Sicherlich werden Ihr Bruder und alle Freunde in Ihrer Heimat fragen, wie Ihre ersten Monate in Hamburg waren. Wie werden Sie antworten?

Silva:

Ich war ja in der Zwischenzeit ein paar Mal in Brasilien, zum Beispiel bei der Nationalmannschaft. Dort habe ich nur geschwärmt. Und mit meinem Bruder spreche ich ja jeden Tag am Telefon - der weiß also alles.



Abendblatt:

Jeden Tag?

Silva:

Klar. Damit es nicht so teuer wird, rufe mal ich und mal er an. Seine Meinung ist mir nun mal sehr wichtig.



Abendblatt:

Gerade nach Ihrem misslungenen Start in Hamburg dürften die Telefondrähte geglüht haben. Warum haben Sie sich zu Anfang so schwer getan?

Silva:

Mir war schon klar, dass es eine Weile dauern wird, bis ich mich an alles gewöhnt habe - insbesondere an die andere Art Fußball, die hier gespielt wird. Gott sei Dank hatten der Trainer und alle anderen hier im Verein die nötige Geduld mit mir.



Abendblatt:

In den ersten beiden Spielen, in denen Sie von Anfang an gespielt haben, gab es zwei 0:3-Pleiten. Welcher Moment war für Sie der Wendepunkt?

Silva:

In der Halbzeit der Partie gegen Hoffenheim hat mir der Trainer gesagt, dass ich im zweiten Durchgang im defensiven Mittelfeld spielen soll. Und plötzlich klappte alles viel besser.



Abendblatt:

Sie wurden als Innenverteidiger verpflichtet. Fühlen Sie sich vor der Abwehr wohler?

Silva:

In Wahrheit habe ich schon zum Start meiner Karriere lange im defensiven Mittelfeld gespielt, bin erst später in die Abwehr gerückt. Für mich war der Positionswechsel zur Eingewöhnung gut, aber mittlerweile könnte ich auch wieder in der Innenverteidigung spielen. Der Trainer soll entscheiden.



Abendblatt:

Die Kritiken waren zu Anfang sehr hart. Haben Sie das mitbekommen?

Silva:

Ich habe das nicht als zu hart empfunden. Schließlich bin ich als brasilianischer Nationalspieler verpflichtetet worden, also erwarten die Leute von mir, dass ich auch wie einer spiele.



Abendblatt:

Ihr Landsmann Thiago Neves scheint im Gegensatz zu Ihnen den Wendepunkt noch nicht erreicht zu haben.

Silva:

Für ihn ist es noch ein bisschen schwieriger als für mich, da er eine ganz andere Position spielt. Als offensiver Mittelfeldspieler in Europa hat er ständig einen Gegenspieler im Rücken. Das war in Brasilien ganz anders.



Abendblatt:

Brasilianische Medien meldeten in der letzten Woche, dass er zurück nach Rio de Janeiro will. Ist an den Gerüchten was dran?

Silva:

Überhaupt nichts. Er ist glücklich hier und will den Durchbruch unbedingt schaffen. Aber in Brasilien ist es ganz normal, dass Namen von Spielern, die in Europa gerade nicht so recht zum Zuge kommen, gehandelt werden, sobald der Transfermarkt wieder öffnet. Und genau das ist jetzt der Fall.



Abendblatt:

Brasilianern sagt man nach, sie könnten nur Topleistungen bringen, wenn sie sich in Ihrem Umfeld pudelwohl fühlen. Fühlen Sie sich hier pudelwohl?

Silva:

Absolut. Der Klub ist super, und auch die Stadt hat es mir angetan. Hamburg ist schnell zu meiner zweiten Heimat geworden. Es gibt so viele schöne Plätze hier, zum Beispiel das Portugiesenviertel. Dort gibt es ein ganz tolles brasilianisches Steakrestaurant. Da muss man sich einfach pudelwohl fühlen.



Abendblatt:

Stimmt es, dass Sie zusätzlich zum Sprachunterricht beim HSV einen Privatlehrer engagiert haben?

Silva:

Ja, ich habe zweimal die Woche Unterricht. Ich möchte unbedingt möglichst schnell deutsch lernen, denn die Sprache ist einfach wichtig - sowohl auf als auch abseits des Platzes. Ich habe sogar in meinem Vertrag einen Passus, der mich verpflichtet Deutsch zu lernen.



Abendblatt:

Was sind die wichtigsten deutschen Vokabeln, die Sie bislang gelernt haben?

Silva:

"Woher kommst Du?", "Wie geht's?" und ein paar Fußballvokabeln wie "hinten", "vorne", "links", "rechts" oder "Leo".



Abendblatt:

Und was machen Sie, wenn Sie nicht gerade Fußball spielen oder deutsch lernen?

Silva:

Ich erkunde oft die Stadt, bin aber auch gern zu Hause. Dort höre ich ein bisschen brasilianische Musik und fühle mich dann kurzzeitig wie in meiner Heimat. Wenn ich dann aber vor die Tür gehe, erinnert mich das Wetter ganz schnell wieder daran, dass ich in Deutschland bin.