1987 standen sich Hamburg und Amsterdam im Pokalsieger-Wettbewerb gegenüber. Heute laufen beide Klubs ihren ganz großen Triumphen hinterher. Hier geht’s zur Bildergalerie.

Hamburg. Ein Hauch von Champions League weht heute durch den Volkspark: HSV gegen Ajax Amsterdam. Für die international nicht sehr erfolgsverwöhnten Hamburger Zuschauer endlich wieder einmal ein echter Schlager. HSV gegen Ajax, der einstige europäische Fußball-Hochadel trifft aufeinander. Die Nordbank-Arena ist ausverkauft, vom Fernsehen hat sich das Zweite angesagt, um zur besten Zeit, um 21 Uhr, zu übertragen. Es passt bei diesem Klassiker alles. Im Vorfeld jedenfalls. Jetzt muss es nur noch ein Superspiel werden.

Am besten eines wie im September 2000 beim legendären 4:4-Drama gegen Juventus Turin in der Champions League. Fünf Monate später kam der AS Rom im Uefa-Cup - der HSV verlor 0:3. Im September 2006 siegte der FC Arsenal an der Elbe höchst unverdient, am Ende hieß es 1:2. Klangvolle Namen, aber der HSV hat einfach kein Glück gegen die ganz großen europäischen Traditionsklubs.

Diese Erfahrung wurde auch schon 1987 gemacht. Der deutsche Pokalsieger HSV traf im Europapokal der Pokalsieger auf den heutigen Gegner Ajax Amsterdam. Die Niederländer siegten im Hinspiel 1:0, mit von der Partie war damals auch der heutige HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer. "Ich weiß von diesem Spiel noch, dass wir überlegen waren, aber es hieß 0:1. Ich war als Abwehrspieler nur noch vorn zu finden, wir machten Druck. Einmal lief ich im Vorwärtsgang Manfred Kaltz, er war unser Leader, über den Weg und sagte: 'Komm, Manni, lass uns noch einmal alles geben, damit wir noch das 1:1 schaffen!' Mannis Antwort damals: 'Bleib ruhisch!' Das ist unvergessen", erinnert sich Beiersdorfer. Das Rückspiel verlor der HSV, damals mit Pralija im Tor, dazu mit Stars wie Jakobs, Bein, von Heesen, Spörl, Labbadia und Okonski, im alten Olympiastadion von Amsterdam 0:2.

Schafft der HSV heute den ersten Sieg über Ajax? Es wäre nicht nur an der Zeit, es wäre auch enorm wichtig, denn: Nach dem 2:1-Sieg in Zilina hätte der HSV mit einem Sieg schon sechs Punkte nach zwei Spielen in der Uefa-Cup-Gruppenphase. Und die wären, so HSV-Trainer Martin Jol, schon "die halbe Miete" zum Weiterkommen.

Wann aber gibt es den Klassiker HSV gegen Ajax mal wieder in der Königsklasse? In der Champions League? HSV-Sportchef Beiersdorfer zuckt mit den Schultern. Und sagt dann: "Man ist immer Schwankungen unterworfen, es gibt immer Zyklen, die Vereine zu durchleben haben. Liverpool war zum Beispiel auch einmal jahrelang in der Versenkung verschwunden."

Er ist davon überzeugt, dass zumindest der HSV auf einem guten Weg zurück in die europäische Spitze ist: "Der Trend spricht für uns, denn wir haben uns in den letzten Jahren leistungsmäßig stabilisiert und sind besser geworden. Es gab Zeiten, in denen der HSV Zehnter, Elfter oder Zwölfter geworden ist, jetzt versuchen wir seit einiger Zeit, immer oben dranzubleiben - und meistens ist es uns gelungen."

Der HSV stand 1983 an der Spitze Europas, hatte im Endspiel des Landesmeister-Wettbewerbs die Weltstars von Juventus Turin mit 1:0 besiegt. "Das ist lange her. Der HSV ist wieder dran, das Buch der Erfolge zu öffnen. So ein Verein braucht Trophäen - aber davon gab es zuletzt zu wenig", sagt Mittelfeldmann Guy Demel.

Was aber lief danach falsch in Hamburg? Beiersdorfer: "Als Trainer Ernst Happel 1987 ging, fiel der HSV ins Mittelmaß zurück. Es hat nicht nur mit dem Trainer zu tun, aber auch." Der HSV-Sportchef weiter: "Wenn man sieht, was die großen Klubs für finanzielle Möglichkeiten haben, dann wird es auf absehbare Zeit nicht möglich sein, dass der HSV wieder ganz in die Spitze zurückkommt."

Zumal es schon in der Bundesliga immer schwerer wird, sich oben zu behaupten. Beiersdorfer: "Früher gab es keinen VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, kein Hoffenheim. Das sind Vereine, die ganz andere Möglichkeiten haben als wir."

Und Ajax? Werden die Amsterdamer wieder an ihre guten alten Zeiten anknüpfen können? Horst Blankenburg (61), einst Profi bei Ajax und beim HSV, ist skeptisch: "In der nächsten Zeit schafft es Ajax wohl nicht, denn so schnell wird es dem Klub nicht gelingen, eine solche Mannschaft, wie wir es damals waren, auf die Beine zu stellen. Auch Bayern München hat es nach Beckenbauer, Müller, Breitner, Maier und Co nicht wieder ganz nach oben geschafft."

Abwehrspieler Blankenburg spielte in den 70er-Jahren neben dem Weltstar Cruyff sowie Neeskens, Krol, Haan, Rep und vielen anderen für Ajax. Dreimal in Folge gewann das Team den Landesmeister-Wettbewerb, es gab auf der Welt keine bessere Mannschaft. Warum aber stürzte Ajax ab? Blankenburg: "Der Verein musste immer seine besten Spieler verkaufen, und im Management wurden diese Verluste nicht aufgefangen, es wurden nicht die richtigen Spieler verpflichtet."

Wobei Ajax lange von seinem weltberühmten Fußball-Internat lebte. Horst Blankenburg zieht den Vergleich: "In Amsterdam kommen jedes Jahr einige Talente raus, und dann beginnt der Unterschied zu Hamburg: Ajax lässt sie spielen, der HSV nicht."

Ob sich dieser Unterschied heute bemerkbar machen wird?