Eine Gruppe will den HSV-Vorsitzenden stürzen, andere Mitglieder wollen eine stärkere Kontrolle und Machtbeschneidung.

Hamburg. Was derzeit beim HSV passiert, ähnelt einer Schachpartie, in der noch nicht alle Spielfiguren auf dem Brett stehen und nicht alle Felder aufgedeckt wurden. Nur das Ziel ist klar: Der König soll wahlweise umzingelt oder sogar matt gesetzt werden - Bernd Hoffmann.

Eine prominente Figur wird ab sofort auf dem Tisch fehlen: Horst Eberstein. Nachdem das "Urgestein des HSV" bei der Wahl des Aufsichtsrats-Delegierten für die Senioren Gerd Krug unterlegen war, machte er nun einen klaren Schnitt. Eberstein gab seine zwei Ehrenkarten plus Parkschein zurück und wird bis zur Neuwahl des Aufsichtsrats am 25. Januar nicht mehr an den Sitzungen des Gremiums teilnehmen: "Ich fühle mich nicht mehr zugehörig."

Ebenfalls seinen Platz räumen muss Gerd Hein. Bei der Delegierten-Wahl der Amateur-Abteilung unterlag er am Montagabend Eckart Westphalen, früher Vorstand der Signal Iduna. Dabei spielte sich ein einmaliger Vorgang ab. Nachdem er die Wahlleitung an den Ehrenrat abgegeben hatte, gab der Amateur-Vorstand durch Ilja Eplinius eine klare Wahlempfehlung gegen Hein ab. "Das war keine faire Wahl, das skandalöse Verhalten des Amateurvorstands unmittelbar vor dem Wahlvorgang ist in Form und Inhalt inakzeptabel", kritisierte Jens Schippmann, als Gastmitglied aus der Abteilung Fördernde Mitglieder vor Ort. "Das war ein schwarzer Tag für den HSV. Es steht nun zu befürchten, das noch weitere folgen werden."

Vermutlich meint Schippmann auch den 8. Dezember. Dann könnte ein weiteres Mitglied des aktuellen Rats verschwinden, sollte Ernst Otto Rieckhoff bei der Wahl des Delegierten für Ochsenzoll dem Supporters-Mitglied Guido Zerbe unterliegen. Dass Frank Mackerodt dem neuen Rat (freiwillig) nicht angehören wird, steht ebenfalls fest.

Eines einte Eberstein, Hein, Rieckhoff und Mackerodt - sie stimmten im Dezember 2007 für eine vorzeitige Vertragsverlängerung von Bernd Hoffmann bis Dezember 2011.

Mit neun zu drei Stimmen wurde der HSV-Vorsitzende damals in seinem Amt bestätigt, obwohl Hoffmann-Gegner zuvor kräftig mobil machten. So soll die Abteilungsleitung der Supporters Räten in Gesprächen mitgeteilt haben: "Ihr seid frei in eurer Entscheidung. Aber wenn ihr Hoffmann wählt, wählen wir euch nicht wieder in den Aufsichtsrat."

Der damalige Vorsitzende der Abteilungsleitung, Oliver Scheel, sitzt inzwischen nur einige Meter von Hoffmanns Büro entfernt, als Vorstand für Mitgliederbelange. Scheel erklärte auf Anfrage gestern: "Ich kann klar sagen, dass es keine offizielle Verlautbarung in dieser Richtung gab. Was inoffizielle Gespräche mit Aufsichtsräten betrifft, galt immer die Vereinbarung der absoluten Verschwiegenheit."

Wer die vereinspolitischen Vorgänge verfolgt, dem ist jelängst klar, dass die personellen Wechsel kein Zufall sind, sondern das Ergebnis einer Strategie die Zug für Zug durchgeführt wird. Eberstein glaubt die Intention zu kennen: "Wenn die Zusammensetzung des Rats so weiterläuft, werden Hoffmann und Katja Kraus freigestellt. Sie sollen weg."

Was treibt die Opposition an? Zunächst: Es gibt nicht die Opposition, sondern in Wahrheit mehrere Lager. Da sind die Hardliner. Sie wollen Hoffmann aus unterschiedlichen Motiven abwählen. Entweder weil sie selbst an die Macht wollen, seinen Kurs des stetigen Wachstums mit der gewünschten Ausgliederung nicht mitgehen wollen, oder seinen zuweilen autoritären Führungsstil bemängeln.

Eine andere Gruppe verlangt eine stärkere Kontrolle des Vorstands und eine klare Trennung der Organe. So trafen sich vor einigen Monaten organübergreifend Funktionäre, um eine Liste von möglichen Kandidaten zu erstellen. Kreativität, Bildung und Durchsetzungskraft waren wichtige Kriterien. So entstand auch die Bewerbung des ehemaligen Staatsrats Andreas Ernst. In der Vergangenheit hat der frühere Ehrenrats-Vorsitzende Claus Runge mehrfach Satzungsverstöße angeprangert. Bei der Delegierten-Wahl der Amateure monierte Runge, dass Hein operativ beim Budget der Frauenfußball-Abteilung mitarbeitete, nicht unabhängig sei.

Klar scheint, dass sich Horst Becker, Ronald Wulff, Willi Schulz, Jürgen Hunke und Bernd Enge zur Wiederwahl stellen. Doch nur wenige werden durchkommen. Unlängst hat die Abteilungsleitung der Supporters vier Kandidaten vorgestellt, von denen zumindest Johannes Liebnau durchkommen dürfte.

"Ich mache mir Sorgen", sagte Aufsichtsrats-Chef Horst Becker gestern. Er meinte die jüngste Entwicklung. Doch selbst er, ein enger Hoffmann-Vertrauter, kann sich seiner Wiederwahl nicht sicher sein, womit mit die mächtigste Position beim HSV vakant wäre: die des Königsmachers.

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